China

China-Special: Impressionen aus dem deutsch-chinesischen Austausch

Facettenreicher Einblick in Kooperationsprojekte

2006 wurde die Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Jugendbereich zwischen dem Bundesjugendministerium und dem Allchinesischen Jugendverband unterzeichnet. Wie haben sich Kooperationen im Jugendbereich in diesen zehn Jahren (weiter)entwickelt und welche Perspektive bietet der deutsch-chinesische Jugend- und Fachkräfteaustausch? Das China-Special stellt erfolgreiche Austauschaktivitäten vor und möchte gleichzeitig Impulse und Tipps für die Entwicklung neuer Kooperationsprojekte geben und die Vernetzung der Akteure untereinander fördern. Dies dient auch der Sichtbarmachung der Austauschaktivitäten im Jugendbereich mit Blick auf das für 2016 vereinbarte „Deutsch-Chinesische Jahr für Schüler- und Jugendaustausch“.

16.04.2016 / Dorothea Wünsch

Seit zehn Jahren fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) den Jugend- und Fachkräfteaustausch mit China mit der Zielsetzung, einen nachhaltigen und intensiven deutsch-chinesischen Austausch im Jugendbereich auf den Weg zu bringen. Die Grundlage der jugendpolitischen Zusammenarbeit bildet die „Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend der Bundesrepublik Deutschland und dem Allchinesischen Jugendverband der Volksrepublik China über die Zusammenarbeit im Bereich der Jugendhilfe“. Durch das „Sonderprogramm China“ im Kinder- und Jugendplan des Bundes konnte seither eine Vielzahl an Austauschmaßnahmen mit China durch Träger der Kinder- und Jugendhilfe initiiert und durchgeführt werden.

Mit Projektverantwortlichen, Begleitpersonen und Teilnehmenden dieser Kooperationsprojekte hat IJAB Interviews geführt. Das Ergebnis ist ein facettenreicher Einblick in die Kooperationsaktivitäten, denn die Gesprächspartner(innen) legen in ihren Ausführungen sehr unterschiedliche Schwerpunkte. Die Interviews verdeutlichen die vielfältigen Ansätze und Erfahrungen, bedingt durch unterschiedliche thematische Ausrichtungen und operative Ebenen der Gesprächspartner/-innen, aber auch organisationsspezifische Einschätzungen zur Motivation und zur Zielsetzung sowie zur Wirkung und zu Perspektiven im Austausch mit China. Einige Aspekte und Tendenzen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Gespräche und verdienen daher besondere Erwähnung.

Der Austausch mit China bietet jungen Menschen eine besondere Chance. In einer sich globalisierenden und digitalisierenden Welt nehmen internationale Verflechtungen zu. Dabei begegnen sich Menschen verschiedener Nationen in sehr unterschiedlichen Kontexten. Auch bei jungen Menschen gewinnen das Interesse und die Erfordernis der Auseinandersetzung mit fremden Ländern und Kulturen an Bedeutung. Die Beschäftigung mit dem „Global Player“ bzw. mit der „Weltmacht China“ bildet dabei aufgrund der weltpolitischen Bedeutung dieses Landes und der Unterschiedlichkeit der Kulturkreise einen enormen Erfahrungshorizont. Die besonderen interkulturellen Erfahrungen durch einen Austausch mit einem außereuropäischen Land werden mehrfach seitens der Gesprächspartner/-innen betont.

Bei Fachkräften stehen das Knüpfen von Kontakten und das Voneinander-Lernen im Fokus, das in den Interviews als Austausch auf Augenhöhe und intensiver Lernprozess für beide Seiten wahrgenommen wird. Der Informations- und Erfahrungsaustausch von Fachkräften trägt nicht nur zu einer besseren Kenntnis der jeweils anderen Konzepte und Herangehensweisen bei, sondern auch zu einem verbesserten Verständnis der eigenen Ansätze und Praxen. Die außereuropäische Perspektive und die besonders großen Unterschiede zu China verdichten dabei den Reflexionsprozess in besonderer Weise und können somit wertvolle Impulse für die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe geben.

Thematisiert werden seitens der Interviewpartner/-innen auch besondere Herausforderungen im Austausch mit China. Dazu gehören nicht nur administrative Hürden wie die Visa-Beschaffung und gesicherte Finanzierung, sondern auch kulturelle und sprachliche Herausforderungen sowie strukturelle Hindernisse bei den beteiligten Austauschpartner(inne)n. Zudem steht immer auch die Frage im Raum, ob mit Blick auf das politische System und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein Austausch mit China überhaupt angemessen ist. Dennoch sind sich die Gesprächspartner/-innen einig darin, dass gerade deshalb der Austausch mit China so wichtig ist und dass sich auch der erhöhte Aufwand lohnt, denn Kooperationsaktivitäten mit China bieten ein besonderes Potenzial.

Die Kooperationsaktivitäten zeigen nicht nur Wirkung auf die teilnehmenden jungen Menschen und Fachkräfte, sondern ermöglichen auch den vielen Menschen, die sich als Gastfamilien oder in den Einrichtungen für den Austausch engagieren, eine Begegnung und Auseinandersetzungen mit China. In diesem Sinne tragen die Austauschmaßnahmen in ihren unterschiedlichen Facetten und Formaten sehr vielschichtig zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses und Vertrauens bei.

Auf chinesischer Seite ist auch ein Interesse an internationalem Austausch und an einer verstärkten Zusammenarbeit mit Deutschland zu spüren. In einem Interview betont der chinesische Botschafter in Deutschland, Shi Mingde, wie wichtig es sei, in den vertieften Austausch zu treten und das gegenseitige Verständnis für einander zu stärken, um zu einer korrekten und objektiven Betrachtung des Gegenübers zu gelangen. Dabei gilt es Gemeinsamkeiten zu suchen, aber auch Unterschiede anzuerkennen und zu respektieren im Sinne einer gegenseitigen Wertschätzung. (Quelle: Botschaft der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland)

Der Prozess der Internationalisierung des Bildungs- und Jugendbereichs, sowohl bei schulischen als auch bei außerschulischen Akteuren, ist in China ein jüngeres Phänomen. Das zunehmende Interesse an internationalen Austauschaktivitäten entsteht in China in einer Zeit der wirtschaftlichen Prosperität. Insbesondere Eltern mit entsprechenden finanziellen Ressourcen möchten ihren Kindern die Begegnung mit Deutschland ermöglichen. Der internationale Austausch ist in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieges aus dem Gedanken der Versöhnung und Völkerverständigung heraus entstanden und hat sich seither stetig weiterentwickelt hin zu einem ausdifferenzierten und vielschichtigen Angebot der Internationalen Jugendarbeit, an dem alle junge Menschen partizipieren sollen. Welche Perspektiven ergeben sich daraus für den deutsch-chinesischen Jugend- und Fachkräfteaustausch?

Vom 19. bis zum 21. April 2016 veranstaltet das Bundesjugendministerium in Kooperation mit IJAB eine deutsch-chinesische Trägerkonferenz. Am 21. März wurde durch Bundespräsident Gauck und Staatspräsident Xi Jinping das „Deutsch-Chinesische Jahr für Schüler- und Jugendaustausch“ eröffnet. Die deutsch-chinesische Trägerkonferenz ist ein Beitrag des außerschulischen Bereichs bzw. der internationalen Jugendarbeit zu diesem Austauschjahr. Die Konferenz bietet Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, die im deutsch-chinesischen Jugend- und Fachkräfteaustausch aktiv sind oder werden möchten, eine Plattform, um sich über Erfahrungen und Ergebnisse aus bisherigen Projekten auszutauschen und neue Kooperationspartnerschaften ins Leben zu rufen sowie Perspektiven für den deutsch-chinesischen Jugend- und Fachkräfteaustausch zu formulieren.

Wir möchten Sie ermutigen, an der Gestaltung des deutsch-chinesischen Jugend- und Fachkräfteaustausch mitzuwirken. Durch die Vorstellung von Beispielen guter Praxis sollen am Austausch mit China interessierte Träger Ideen für eigene Austauschmaßnahmen und Projektentwicklungen bekommen. Gleichzeitig haben wir Informationen zu Organisationen, Projekten und Kontakten mit Chinaerfahrungen zusammengefasst sowie praktische Tipps formuliert, die auf dem Weg zur Umsetzung eigener Projektideen bzw. für die (Weiter)Entwicklung von Kooperationsaktivitäten als Hilfestellung dienen sollen. Wir hoffen, dass wir mit diesem China-Special bestehenden Partnerschaften Impulse für die Weiterentwicklung der bereits laufenden Austauschaktivitäten geben und neue Akteure für den Austausch mit China begeistern können.

Bei allen Gesprächspartner(inne)n möchten wir uns ganz herzlich für die Bereitschaft zum Interview und somit zur Unterstützung des China-Specials bedanken.

Wir wünschen viel Spaß und Inspiration bei der Lektüre.

Ihr Redaktionsteam
Dorothea Wünsch, Kerstin Wondratschek, Elke Metzner, Christian Herrmann, Verena Münsberg

China-Special

Good Practice

Fakten, Förderung, Kontakte

INT 3.0 – Namensnennung CC BY 3.0
Dieses Werk ist lizenziert unter einer INT 3.0 – Namensnennung CC BY 3.0 Lizenz.
Menschen sitzen an einem Tisch und essen.
Über die Zusammenarbeit mit China

In Zusammenarbeit mit dem All-Chinesischen Jugendverband, dem zentralen jugendpolitischen Akteur Chinas, setzt IJAB Fachkräfteprogramme im Auftrag des Bundesjugendministeriums um. Erfahren Sie mehr über diese Kooperation und wie Sie daran teilhaben können.