Ein junger Mann sitzt frustriert vor einem Labtop Ein junger Mann sitzt frustriert vor einem Labtop
Nicht jeder Online-Kauf macht glücklich.
Jugend-Verbraucher-Dialog

Gute Zeiten für Verbraucherschutz

Projekte tauschten sich aus

Der Onlinehandel stellt Verbraucherschützer*innen vor immer neue Herausforderungen. Junge Menschen sind oft eine wichtige Zielgruppe für fragwürdige Geschäftsmodelle. Die Politik hat das erkannt und fragt sich, wie junge Menschen dafür besser sensibilisiert werden können. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz fördert vier Projekte, die darauf Antworten finden wollen – darunter auch das IJAB-Projekt Jugend-Verbraucher-Dialog. Am 14. Juni tauschten sie sich erstmals online aus.

21.06.2023 / Christian Herrmann

Armita Atabaki beschreibt die Herausforderungen für den Verbraucherschutz und damit die Problemstellung ihres Ministeriums. Viel Werbung richtet sich direkt an junge Konsument*innen und nicht immer ist transparent, was wirklich verkauft wird. „Fast Fashion“ ist ein solches Problem. Nach einem Sommer landet das schicke T-Shirt in der Mülltonne – dabei ist gerade Nachhaltigkeit ein Thema, das jungen Menschen am Herzen liegt. Wie können Umweltstandards durchgesetzt und für Verbraucher*innen sichtbar gemacht werden? Was ist ein faires Produkt und was wird schlicht durch Marktdominanz durchgesetzt? Wie lässt sich Seriöses von Unseriösem trennen? Viele Fragen, auf die es nicht immer zufriedenstellende Antworten gibt. Eines ist aber unabdingbar: Es braucht kritische junge Konsument*innen.

Die Projekte: viele neue Ansätze

Eine von denen, die dazu etwas beitragen möchte, ist Rachel. Ihre Online-Redaktion ist vor allem auf Instagram aktiv und versucht komplexe Informationen so aufzubereiten, dass sie für ein junges Publikum verständlich sind. Die Redaktion wird vom jfc Medienzentrum in Köln betreut und ist ein wichtiger Baustein des IJAB-Projekts Jugend-Verbraucher-Dialog. Ein Erfolgsrezept der Redaktion: Sie fragt bei ihren Followern immer wieder nach, welche Themen aufgegriffen werden sollen. Rachel macht diese Arbeit Spaß. Dass sie die Möglichkeit hat, mit professioneller Bildbearbeitung zu arbeiten und darüber etwas zu lernen, ist für sie Teil ihrer Motivation.

„Digitaler Selbstschutz“ ist auch ein Thema, mit dem sich das Projekt „Wirtschaftlicher Verbraucherschutz“ der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Dort setzt man auf Gamification, also die spielerische Aufarbeitung eines Themas, und weitere digitale Tools. Besonders erfolgreich: die Umzugscheckliste für junge Menschen, die von zu Hause ausziehen.

Jeder fünfte junge Mensch hat Schulden. Das ist eine der Erkenntnisse der Trendstunde „Jugend in Deutschland“ aus dem Jahr 2022. Zugleich wissen wir aus allen Jugendstudien der vergangenen Jahrzehnte, dass junge Menschen vor allem den Informationen Gleichaltriger vertrauen. Im Projekt „Verbraucherchecker“ bildet die Verbraucherzentrale Bundesverband Peer-Scouts aus, die nach der Ausbildung in der Lage sind, eine eigene Aktion zu einem Verbraucher*innenthema ihrer Wahl zu planen und umzusetzen. 500 solcher Peer-Scouts gibt es bisher. Sie gehen in Schulen und Jugendzentren. Dabei kooperiert das Projekt mit Jugendverbänden und Jugendämtern.

Viele Angebote, die in den Städten selbstverständlich sind, führen im ländlichen Raum ein Mauerblümchendasein. Das gilt nicht nur für den öffentlichen Nahverkehr, es gilt auch für den Verbraucherschutz. Verbraucherzentralen findet man nur in der nächsten Großstadt. Das Projekt „Verbraucherschutz in ländlichen Regionen für junge Menschen“ der Verbraucherzentralen Bayern und NRW möchte daher mit innovativen Methoden experimentieren. Das Projekt, das noch ganz am Anfang steht, wendet sich auch deshalb an junge Menschen, weil sie als wichtige Impulsgeber im ländlichen Raum angesehen werden und zudem durch Jugendverbände und Jugendarbeit über Formen der Selbstorganisation und Erfahrungen mit ehrenamtlicher Arbeit verfügen.

Wie können Erfahrungen in der Fläche nutzbar gemacht werden?

Für alle Projekte ist es das erste Mal, dass sie zusammenkommen. Unterschiede bei den Zielgruppen und Gemeinsamkeiten bei den bisherigen Erfahrungen werden in der Diskussion ausgelotet. Besonders groß ist das Interesse an Methoden, die bisher nicht Gegenstand des eigenen Projekts waren – beispielsweise die Influencer-Kampagne des Jugend-Verbraucher-Dialogs. Dabei werden wichtige Erfahrungen mitgenommen, etwa zu Selbstwirksamkeitserfahrungen junger Menschen, wenn sie erleben, dass ihre Arbeit auf Resonanz stößt, oder zu Social Media-Budgets, zielgruppengerechter Verpackung von Inhalten und dem Methodenmix zwischen analog und digital.

Über allem hängt natürlich die Frage, was nach den Projekten und ihrer Evaluierung folgt. Wie können erfolgreiche Elemente in die Fläche überführt und damit Teil einer erneuerten Praxis des Verbraucherschutzes werden? Damit stellt sich auch die Frage nach den Ressourcen für den Verbraucherschutz neu, denn Innovation kostet Geld und das stand in der Vergangenheit oft nicht zur Verfügung. Viele der Teilnehmer*innen sind jedoch vorsichtig optimistisch. Sie nehmen sich verändernde politische Rahmenbedingungen wahr. „Eigentlich sind es gute Zeiten für den Verbraucherschutz“, sagt eine Teilnehmerin.

Zur Veranstaltung wird eine Dokumentation erscheinen. Vom 29. September bis 2. Oktober 2023 veranstaltet der Jugend-Verbraucher-Dialog die Jugendverbraucher*innenwelt, ein BarCamp für junge Menschen.

INT 4.0 – Namensnennung CC BY 4.0
Dieses Werk ist lizenziert unter einer INT 4.0 – Namensnennung CC BY 4.0 Lizenz.
Über den JUGEND-VERBRAUCHER-DIALOG

Wie kann moderne jugendgerechte Verbraucherinformation aussehen? Bei dieser Frage setzt der „Jugend-Verbraucher-Dialog“ an und beteiligt Jugendliche an der Entwicklung.

Ansprechpersonen
Kira Schmahl-Rempel
Projektreferentin
Portal der Kinder- und Jugendhilfe / Monitoring
Tel.: 0228 9506-104
Till Veerbeck-Stroetmann
Projektreferent Eurodesk
Tel.: 0228 9506-158