zwei junge Menschen sammeln Plastikmüll zwei junge Menschen sammeln Plastikmüll
Türkei

Motivation und Anerkennung ehrenamtlichen Engagements

Zweiter Teil des deutsch-türkischen Fachtags

Die Förderung von Ehrenamt und freiwilligem Engagement junger Menschen ist sowohl in der Türkei als auch in Deutschland ein Topthema der Kinder- und Jugendpolitik. Am zweiten Termin des dreiteiligen digitalen deutsch-türkischen Fachtags schauten rund 30 türkische und deutsche Teilnehmer*innen aus Forschung, Praxis und Politik vor allem auf die Auslöser, die zu ehrenamtlichem Engagement motivieren sowie auf die unterschiedlichen Formen der Anerkennung in beiden Ländern.

09.11.2021 / Stephanie Bindzus

Zweifellos bestehen große Unterschiede zwischen Deutschland und der Türkei, was Ausprägung, Wahrnehmung und Strukturen von freiwilliger Arbeit und Ehrenamt anbelangt. In den Beweggründen, die zu ehrenamtlichem Engagement führen sowie in der erwünschten Anerkennung scheint es aber große Schnittmengen zu geben. „Jugendliche und junge Erwachsene wollen sich einbringen und Gesellschaft mitgestalten. Sie wünschen sich von Erwachsenen Vertrauen und Kommunikation auf Augenhöhe und wollen echte Entscheidungsspielräume in ihrem Engagementbereich,“ zitierte Üwen Ergün vom KinderRechteForum den 2020 erschienenen u-count-Bericht der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. In Deutschland steht laut Bericht dabei „Helfen und Einsatz für das Gemeinwohl“ als Motivationsgrund ganz oben. Auch Spaß an der Arbeit, Neues Lernen und Kontakte knüpfen wird in der Befragung mit jeweils über 60% sehr häufig genannt. Besonders wichtig als Form der Anerkennung ist Jugendlichen in Deutschland Lob und Zuspruch von Familie, Freunden und Lehrkräften (71,1%), allerdings direkt gefolgt von dem Wunsch nach Qualifikationsnachweisen (69,3%).

Ehrenamt in der Türkei

Prof. Murat Şentürk von der Universität Istanbul berichtete Ähnliches von türkischen Jugendlichen. Auch dort bildet der Wunsch, sich in der Gesellschaft einzubringen, Neues zu lernen, neue Freundschaften zu knüpfen und die Wertschätzung und Anerkennung durch andere eine wesentliche Motivationsquelle für dauerhafte ehrenamtliche Tätigkeit. Für die Initialzündung, ein ehrenamtliches Engagement aufzunehmen, steht bei jungen Menschen in der Türkei stärker als in Deutschland auch die Aussicht auf bessere berufliche Chancen im Vordergrund.

Ein reiner Selbstläufer ist ehrenamtliches Engagement jedoch nicht. In Deutschland liegt nach Ergün noch viel Potenzial brach, um Jugendliche zu motivieren. Luft nach oben sieht Şentürk auch in der Türkei dabei, junge Menschen „einzuladen“ und Zugänge für ehrenamtliches Engagement zu schaffen.

Hier setzt das türkische Ministerium für Jugend und Sport bereits an, erläuterte Ümran Dilek Toprak vom türkischen Generaldirektorat für Bildung, Forschung und Koordination. Unter anderem mit einem eigenen Aktionsplan des Ministeriums für Jugend und Sport sollen Ehrenamt und Freiwilligendienste in der Türkei gestärkt werden.

Qualifiziert im Ehrenamt

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung stand das Vorstellen und Austauschen über verschiedene gelungene Praxisbeispiele zur Qualifizierung und Anerkennung der Ehrenamtlichen im Vordergrund. Wie sieht das Bildungsangebot für die Bundesfreiwilligen im Deutschen Jugendherbergswerk aus? Wie setzt die Schreberjugend die JuLeiCa-Ausbildung mit internationalem und nachhaltigem Fokus um? Wie unterstützt das türkische Jugendministerium die Ausbildung zu ehrenamtlichen Jugendleiter*innen? Wie fördert das türkische Bildungsministerium das freiwillige Engagement von Lehrer*innen zur Inklusion junger Menschen in die berufliche Bildung? Wie gestaltet sich das Bildungsangebot im Rahmen des European Solidarity Corps und wieso ist das EU-Programm für die Türkei wichtig?

Welche Bedeutung ehrenamtliches Engagement und internationaler Austausch haben können, verdeutlichte das Abschlusspanel sehr anschaulich: Hans Steimle, Nuri Soyucak und Muhammed Bilal Eksi gaben Einblick in ihre persönlichen Geschichten, die von ehrenamtlichem Engagement geprägt sind.

Das erste Modul des deutsch-türkischen Fachtags hatte ehrenamtliches Engagement in beiden Ländern bereits definiert und eingeordnet. Das zweite Modul bot den Teilnehmenden reichlich Gelegenheit, praktische Anregungen und Erkenntnisse für die eigene Arbeit und neue Kontakte mitzunehmen. Am 25. November 2021 folgt der dritte und abschließende Teil des Fachtages. Darin wird es um das Ehrenamt der Zukunft gehen: Beteiligung, Inklusion, neue Zielgruppen und Digitalisierung stehen dann im Mittelpunkt des fachlichen Austausches. Die Anmeldung ist noch möglich.

Diese Veranstaltungsreihe findet statt im Rahmen der jugendpolitischen Kooperation zwischen Deutschland und der Türkei. Sie wird durchgeführt von IJAB in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) und dem türkischen Ministerium für Jugend und Sport. Die Veranstaltungen werden gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Vier Menschen sprechen miteinander.
Über den Austausch mit der Türkei

IJAB führt mit der Türkei Fachprogramme und Partnerbörsen durch. Außerdem bieten wir interessierten Trägern Information und Beratung zum Austausch mit der Türkei an.

Ansprechpersonen
Christiane Reinholz-Asolli
Referentin für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit
Tel.: 0228 9506-112
Timo Herdejost
Sachbearbeitung
Tel.: 0228 9506-130