Figuren von Eltern und Kind als Strichmännchen in den Sand gezeichnet. Figuren von Eltern und Kind als Strichmännchen in den Sand gezeichnet.
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Glaubenspraxis

Familie und Ehe

Im Christentum

Ehe und Familie entsprechen nach wie vor am stärksten dem Ideal einer christlichen Lebensform, vor allem in katholischen und ländlichen Gebieten.

Für die frühe katholische Kirche ist die Ehe als besonderer Raum der Liebe ein Erfahrungsraum, in dem Menschen das ihnen zugesagte Heil erfahren können. In der katholischen Ehelehre ist die Ehe ein Sakrament, also ein sichtbares Zeichen des Heils, das Gott den Menschen zuteil werden lässt. Demnach ist Ehescheidung nach wie vor ein Tabu. Eine Wiederheirat schließt die Eheleute vom Empfang der Sakramente aus. (In seltenen Fällen kann die Annullierung der Ehe beantragt werden.)

In der evangelischen Kirche ist die Ehe kein Sakrament, sondern ein „weltlich Ding“, wie Martin Luther sagte. Die grundsätzliche Unauflöslichkeit der Ehe wird auch hier ernst genommen, jedoch nicht negativ sanktioniert wie zum Beispiel durch ein Verbot der Wiederheirat. Allerdings wurde an Geistliche auch hier ein härterer Maßstab angelegt. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde ein Pastor in eine andere Gemeinde versetzt oder suspendiert, wenn er sich scheiden ließ. Mittlerweile hat sich eine liberale Haltung durchgesetzt, nach der Ehescheidung auch bei Geistlichen nicht mehr mit Sanktionen belegt wird.

Allgemein versucht die Kirche, sich den gesellschaftlichen Veränderungen des 20. Jahrhunderts anzupassen, denen auch die Institution der Ehe unterworfen ist, etwa durch seelsorgerliche Beratung, durch Ehevorbereitung und Eheberatungsstellen.

Im Islam

Die Ehe ist im islamisch-koranischen Sinne ein zivilrechtlicher Vertrag. Wie jeder Vertrag herrscht in einzelnen Punkten Vertragsfreiheit und wie jeder Vertrag ist er als solcher kündbar. Das bedeutet, dass beiden Ehepartnern zum Beispiel ein Scheidungsrecht im Ehevertrag zugestanden werden kann. Ebenso können sich beide im vorhinein über Sorgerechtsfragen und Vermögensfragen einigen.

Bei der Eheschließung zahlt der Bräutigam seiner Braut eine mahr (Brautgabe) in vereinbarter Höhe. Diese geht nicht in das Vermögen beispielsweise des Brautvaters über, sondern ist zur alleinigen Verfügung der Ehefrau bestimmt. Beide Partner müssen mit der Eheschließung einverstanden sein und dies auch vor zwei Zeugen deutlich erklären.

Grundsätzlich ist es im Islam theologisch gesehen wünschenswert, wenn ein Ehevertrag abgeschlossen wird. Leider wird dies oft versäumt, meist zum Schaden der Ehefrau. Die meisten wollen bei der Eheschließung nicht an eine Trennung oder gar Scheidung denken. Trotzdem ist das Nachdenken darüber und die vertragliche Absicherung eine islamisch legitime und erwünschte Angelegenheit.

Im Judentum

Ehe und Familie stellen für die jüdische Religion einen unermesslichen Wert dar. Auf diesen beiden Säulen ruht das jüdische Leben. Die Ehe zwischen Mann und Frau wird im Judentum als göttliches Gebot aufgefasst (siehe Genesis 2,18). 

Am Schabbat vor der Trauung wird der Bräutigam unter Anteilnahme der jüdischen Gemeinde feierlich zur Tora gerufen. Dieser Aufruf markiert für ihn einen neuen Lebensabschnitt als (bald) verheirateter Mann. Die Gemeinde bewirft ihn mit Süßigkeiten, damit sein neues Leben ebenso süß wie die Bonbons wird. Am Tag der Eheschließung fasten Bräutigam und Braut, um für ihren neuen Lebensabschnitt die Vergebung vergangener Sünden zu erbitten und besuchen die Mikwa. Die Hochzeitszeremonie findet oftmals im Freien unter dem Sternenhimmel statt. Die Sterne erinnern an das göttliche Versprechen an Awraham, seine Nachkommen so zahlreich wie die Sterne am Nachthimmel werden zu lassen.

Während der Hochzeit stehen die Brautleute unter einer Chuppa, einem Baldachin, der oftmals aus einem großen Gebetsschal mit Zizit besteht. Die Zeremonie setzt sich aus den beiden Teilen Kidduschin (heilige Verlobung) – hier wird die Braut dem Bräutigam durch das Anstecken eines Rings angelobt – und Nissuin (Heirat) zusammen. Erst mit diesem zweiten Teil wird die Verlobung vollzogen, indem sieben Segenssprüche aufgesagt werden. Zwischen Verlobung und Heirat wird der Ehevertrag verlesen. Mit ihm verpflichtet sich der Bräutigam unter anderem, für den Unterhalt der Frau zu sorgen. Am Ende der Zeremonie ist es Brauch, im Andenken an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels ein Glas zu zerbrechen.

Falls eine Ehe unwiderruflich zerbrochen ist, kann sie von einem religiösen Gericht geschieden werden. Der Scheidebrief (Get) beziehungsweise das „Freilassungsdokument“ (Pitur) ermöglichen eine neue Vermählung.

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