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Akteure in der Jugendpolitik

Jugendpolitik und jugendpolitische Strukturen

In den USA gibt es keine eigene Bundesbehörde für Jugendfragen. Vielmehr ist es so, dass das Thema auf Bundesebene ressortübergreifend behandelt wird, d. h., dass die unterschiedlichen Ministerien in der Vereinigten Staaten in ihrem Ressort jeweils auch Komponenten für Jugendliche berücksichtigen, z. B. in der Arbeitsmarkt- oder Gesundheitspolitik. Eine einheitliche nationale Jugendpolitik gibt es in der Form also nicht.

Das liegt auch in der föderalen Verfassung der USA begründet, die dem Bund und den Einzelstaaten unterschiedliche Befugnisse zuweist. Die starke Dezentralisierung politischer Macht ist charakteristisch für die Politik der USA. In der Praxis bedeutet das, dass nicht nur die nationale Regierung, sondern auch die Regierungen der Einzelstaaten sowie die dort angesiedelten Bezirke ausgedehnte Befugnisse haben. Die Fürsorge für die Jugend fällt traditionell in den Hoheitsbereich der Einzelstaaten. Jeder der 50 Bundesstaaten und jedes der ca. 3.000 counties (Bezirke)hat sein eigenes komplexes System in Bezug auf Zuständigkeiten und Erwartungen an die Jugendarbeit. Dadurch sind Politik und Praxis auf nationaler, bundesstaatlicher und lokaler Ebene oftmals sehr unterschiedlich im Hinblick auf Mittelausstattung und Schwerpunktsetzung. Durch die Bereitstellung von öffentlichen Mitteln und Bundesprogrammen kann der Bund trotzdem Einfluss auf die Politik der Bundesstaaten nehmen und bestimmte jugendpolitische Schwerpunkte setzen.

Am intensivsten beschäftigt sich auf Bundesebene das amerikanische Ministerium für Gesundheit und Soziale Dienste (U.S. Department of Health & Human Services) mit dem Thema Jugend. Das Ministerium ist das wichtigste Organ der Regierung für die Planung, Finanzierung und Koordinierung staatlicher Jugendhilfemaßnahmen. Die dem Ministerium angeschlossene Administration for Children and Families (ACF) ist für Bundesprogramme zur wirtschaftlichen und sozialen Förderung von Familien, Kindern, Einzelpersonen und Gemeinden zuständig sowie für die Inobhutnahme und Adoption von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Die ACF verwaltet mehr als 60 Programme mit einem Budget von mehr als 60 Milliarden Dollar und ist damit die zweitgrößte Behörde des Gesundheitsministeriums. Das Office of Regional Operations, eine Unterabteilung der ACF, fungiert mit insgesamt 10 landesweiten Regionalbüros als Schnittstelle zwischen dem Ministerium und der lokalen Ebene. Diese Regionalbüros sind für die Umsetzung der Bundesprogramme vor Ort zuständig. Schwerpunkte des der ACF zugehörigen Büros für Familien und Jugendhilfe sind z. B. die Vermeidung von Jugendobdachlosigkeit, Teenager-Schwangerschaften und häuslicher Gewalt. 

Es gibt eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe für Jugendprogramme, die sog. Interagency Working Group on Youth Programs (IWGYP), der Vertreter*innen von 21 Bundesbehörden angehören, darunter das Gesundheitsministerium, das Landwirtschaftsministerium und das Ministerium für Arbeit. Diese Bundesbehörde unterhält zahlreiche Programme und Initiativen, darunter Programme zur Prävention von Alkoholkonsum bei Minderjährigen, zur Förderung sozialer Mobilität von Jugendlichen mit geringem Einkommen oder gefährdeten Jugendlichen, zur Mobbingprävention, zur Arbeit mit Kindern inhaftierter Eltern u. v. m. Auf der staatlichen Webseite youth.gov bietet die IWGYP verschiedene Tools und Ressourcen an, die Jugendorganisationen, Städte oder Bezirke bei der Planung, Umsetzung und Teilnahme an Programmen für Jugendliche unterstützen. Dort findet man auch aktuelle Neuigkeiten rund um das Thema Jugend sowie zu Fördermöglichkeiten und neuen Programmen. Insgesamt gibt es dort derzeit Informationen zu 29 Themen, die Jugendliche betreffen können, z. B. Mobbing an Schulen, außerschulische Jugendarbeit, Rauschmittelkonsum, Sex/Gender Identity, psychische Gesundheit, Jugendkriminalität und soziales Engagement.

Der Großteil dieser Programme für Jugendliche findet auf bundesstaatlicher und lokaler Ebene sowie im Rahmen von Schule oder durch gemeinnützige Organisationen statt. Dort ist das Thema Jugend mal zentral unter einem Dach geregelt, mal dezentral in verschiedenen Landesministerien oder Behörden. In einigen Staaten gibt es mehr als nur eine bundesstaatliche Stelle zur Koordinierung der Kinder- und Jugendpolitik.

Mehrere nationale Organisationen haben auch lokale Unterabteilugen, die auf den lokalen Kontext zugeschnitten mit Jugendlichen arbeiten. Der Boys and Girls Club of America z. B. bietet Programme an, die das Potenzial junger Menschen fördern sollen. Dazu gehören u. a. die Förderung von Schulabschlüssen, die explizite Einbindung Schwarzer, Hispanic- und weiblicher Jugendlicher in die Bereiche Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik (STEM), der Aufbau von Führungsqualitäten, die Förderung psychischer Gesundheit. Big Brothers and Big Sisters of America ist eine weitere nationale Organisation mit Ortsverbänden in den gesamten Vereinigten Staaten, die jungen Menschen Mentor*innen vermittelt. Der Children's Defense Fund ist eine gemeinnützige Organisation mit sieben Niederlassungen im ganzen Land, die sich für die Bekämpfung von Kinderarmut, die Förderung frühkindlicher Bildung, die Verhinderung von Waffengewalt unter Jugendlichen und die Förderung von Rehabilitationsmaßnahmen für straffällige Jugendliche einsetzt. Neben diesen nationalen Organisationen mit lokalen Ablegern gibt es in einzelnen Orten auch kleinere, stärker lokal arbeitende gemeinnützige Organisationen, die junge Menschen fördern.

Die USA haben eine lange Tradition dahingehend, dass soziale Fragen vom philanthropischen/freiwilligen Sektor und nicht von der Regierung angegangen werden (bottum-up, nicht top-down). Das wirkt sich auch auf die Jugendverbandsarbeit aus. Eine Gruppe oder einen Dachverband, der für „die amerikanische Jugend“ spricht, existiert nicht. Es gibt zudem eine große Zurückhaltung, sich in zentralen Dachverbänden zu organisieren und diesem dann auch ein Mandat zu erteilen. Daher gibt es in den USA nur wenige wirklich zentrale Jugendorganisationen und dafür eine schier unzählige Zahl an kleineren, basisorientierten (grassroots) Organisationen und Initiativen mit Angeboten für junge Menschen.

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