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Länderinformation Japan

Gesundheit und Wohlbefinden

In dem jährlich erscheinenden Bericht Annual Health, Labour and Welfare Report stellt das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt (MHLW) seine Arbeit des vergangenen Jahres vor. Im aktuellsten Bericht, der das Jahr 2018 beleuchtet, werden erneut Schwerpunkte auf die „Schaffung eines vorteilhaften Umfelds für die Kindererziehung“, sowie die „Partizipationserweiterung von Frauen, Jugendlichen und Älteren auf dem Arbeitsmarkt“ gelegt. Auch wenn konkrete Maßnahmen nicht näher erläutert werden, besteht durch die wiederholende Fokussierung laut japanischer Regierung hier weiterhin Handlungsbedarf. Dies lässt wiederum Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden Probleme der weiterhin sinkenden Geburtenrate sowie der Unterrepräsentation gewisser Arbeitnehmer/-innen auf dem Arbeitsmarkt zu.

Zusätzlich hat Japan im internationalen Vergleich mit einer relativ hohen Selbstmordrate in der Altersgruppe der unter 20-Jährigen zu kämpfen. Neben Mobbing und gescheiterten Beziehungen werden auch Leistungsdruck bzw. die Angst vorm Scheitern als Gründe angegeben. In Japan gibt es an jeder Schule Schulsozialarbeiter/-innen, die im schulischen Umfeld durch Beratung und Unterstützung diesen Entwicklungen entgegenwirken sollen. Teilweise sind die Schulsozialarbeiter/-innen auch für mehrere Schulen gleichzeitig zuständig. Zusätzlich gibt es im japanischen Bildungssystem noch Vertrauenslehrer/-innen und school counselor, die als oftmals ausgebildete klinische Psycholog(inn)en eher einen psychologischen Ansatz verfolgen. Die Fachkräfte in den Krankenzimmern, die es in jeder Schule als Rückzugs- bzw. Fluchtort gibt, verfolgen eher einen medizinischen Ansatz. Schulsozialarbeiter/-innen, die mit einem sozialpädagogischen Ansatz arbeiten, sind in Japan noch nicht so stark etabliert.

Ein weiteres Problem, das vor allem – aber nicht ausschließlich – junge Menschen in Japan betrifft, ist das der hikikomori (dt. „ins Haus Zurückgezogene“). Unter dem Begriff wird laut dem MHWL eine Person verstanden, die „für mehr als sechs Monate zu Hause bleibt, dabei nicht zur Arbeit/Schule geht, und wenig Interaktion mit Personen außerhalb der Familie aufsucht“. Zumeist zieht die soziale Isolation Beziehungsverluste sowie ein vermehrtes mediales Konsumverhalten nach sich. Das Phänomen wird inzwischen so ernst genommen, dass sich das White Paper on Children and Young People des Kabinettsbüros 2015 und 2019 in Studien der Thematik widmete (in der Studie von 2015 war die zu untersuchende Gruppe 15-39 Jahre alt, in der von 2019 40-64 Jahre). In Bezug auf die jüngere Altersgruppe wurde deutlich, dass jede/-r dritte Betroffene bereits seit über sieben Jahren als hikikomori lebt und über zwei Drittel sich im Alter von 15-24 Jahren aus der Gesellschaft zurückziehen. In diese Lebensspanne fallen vor allem die von Leistungsdruck geprägten Jahre der Abschlussprüfungen in der Oberschule und der Universität sowie die danach anfallende Jobsuche. Betrachtet man die Altersgruppen der beiden Studien zeigt sich jedoch auch, dass die Gruppe der hikikomori zunehmend älter wird. Dementsprechend muss auch für die älter werdenden hikikomori entsprechende Unterstützung bedacht werden.

Ernährung

Mit der Öffnung Japans (1853-1854) begann unter der Meiji-Regierung in Japan ein Modernisierungskurs, der sich am westlichen Vorbild orientierte. Im Zuge dessen wurde auch die frühere japanische Ernährung, die an die vegetarische Tempelküche angelehnt primär aus Reis, Gemüse, Tofu, Natto und Misosuppe bestand, umgedacht und beinhaltete zukünftig abseits von Fisch mehr Fleischprodukte. Diese Entwicklung verstärkte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts durch die Massengastronomie, die fleischhaltigen Essgewohnheiten während der amerikanischen Besatzungszeit und den vermehrten Import von Milch- und Weizenprodukten.

Auch wenn die vegetarische Tempelküche weiterhin besteht und obwohl Japan im internationalen Vergleich mit der höchsten Lebenserwartung eines der „gesündesten“ Länder ist, gibt es auch in Japan inzwischen vermehrt ernährungsbedingte gesundheitliche Probleme wie Diabetes und Übergewicht. Besonders problematisch ist dabei, dass mehr und mehr Eltern und Kinder ohne Frühstück aus dem Haus gehen; die Kinder gehen zusätzlich immer später zu Bett.

Als Antwort auf diese besorgniserregenden Ernährungsgewohnheiten und der Sorge um den damit einhergehenden Verlust der traditionellen Esskultur erließ die japanische Regierung - in diesem Fall das Kabinettsbüro, MEXT, MHLW und das Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei (MAFF) - ein Rahmengesetz zur „Ernährungserziehung“ (EN; PDF 3,93 MB), das die Bevölkerung bezüglich Lebensmitteln und Ernährung schulen soll. Mit der Überarbeitung bestehender Gesetze wurde 2008 zusätzlich der School Health and Safety Act und das School Lunch Program (EN; PDF 46,2 KB) eingeführt, über die das MEXT die Ernährungs- und Gesundheitserziehung an Schulen fördert.

Das National Institution for Youth Education (NIYE), ein halb-öffentlicher Träger der japanischen Jugendarbeit, führt als eine von über 100 Organisationen zusätzlich die von MEXT initiierte landesweite Kampagne Early to bed, early to rise: Don’t forget your breakfast (JPN; PDF 8,76 MB) durch. Die Kampagne soll vor allem in Bezug auf Kinder und Jugendliche für die Notwendigkeit eines ausgewogenen Lebensstils sensibilisieren, und wirbt mit altersgruppengerechter Ansprache – wie der Titel suggeriert – für genügend Schlaf und ein ordentliches Frühstück. Damit will MEXT einem anhaltenden Trend entgegenwirken, durch den immer mehr Schulkinder aufgrund von Zeitmangel ohne ein richtiges Frühstück in die Schule gehen und dadurch weniger aufnahmefähig sind.

Obwohl eine vegetarische/vegane Ernährungsweise in Japan äußerst schwer umzusetzen ist (die vielen Gerichten zugrundeliegende Brühe dashi besteht bspw. zum Teil aus getrocknetem Fisch), zeichnet sich vor allem bei jungen Menschen in den japanischen Großstädten inzwischen ein wahrnehmbarer Trend zur vegetarischen Lebensweise ab. Dieser wird durch die zunehmende Entstehung von vegetarischen und veganen Restaurants und Supermärkten wechselwirkend begünstigt. Auch regelmäßige Festivals und Veranstaltungen von vegetarischen/veganen Gruppen wie dem Vege Project Japan illustrieren diese Entwicklung. Als eines der wichtigsten Netzwerke hat sich als größte Interessensvertretung für vegetarisch lebende Personen die NPO Japan Vegetarian Society (JPVS) etabliert.

Sport

Basierend auf alten japanischen Sporttraditionen wie Sumo, Karate und der Denksportart Shogi, die auch heute noch aktiv gepflegt und in Turnieren zelebriert werden, nimmt Sport auch bei Kindern und Jugendlichen eine bedeutende Rolle ein. Inzwischen zählen zu den beliebtesten Sportarten Baseball, (American) Football und auch Fußball. In zahlreichen öffentlichen und privaten Sporteinrichtungen, die größtenteils schulisch genutzt werden, werden solche Sportaktivitäten angeboten.

Koordiniert und gefördert wird die sportliche Betätigung von der Japan Sports Agency (JSA). Die JSA wurde 2015 mit der Zielsetzung gegründet, die Ressortübergreifende Koordination insbesondere zwischen MEXT, MHLW und MOFA zu verbessern. Basierend auf dem 2011 erlassenen "Basic Act on Sport" wurde ein Sport Basic Plan formuliert, der eine Umgebung zum Ziel hatte, in der möglichst viele Menschen entsprechend ihrer Interessen und Fähigkeiten und ungeachtet von Alter, Geschlecht und Einschränkungen, an sportlichen Aktivitäten teilnehmen können. Die physische Erziehung und Ertüchtigung, die mit den durch die Berichterstattung auch hier bekannten „Aufwärmübungen“ auf dem Schulhof beginnt, soll sich neben den schulischen Sportclubs und Sportjugendgruppen jedoch auch außerhalb der Schule möglichst ein Leben lang fortsetzen. MEXT betitelt dieses Ziel als eine lifelong sports society. 2017 wurde der Second Sport Basic Plan (EN; PDF 1,15 MB) veröffentlicht.

Außerschulische Angebote im Sinne eines Kinder- und Jugendsportclubs bietet beispielsweise die Japan Junior Sport Club Association (JJSA), Austauschpartner der Deutschen Sportjugend, an. Als Unterorganisation der Japan Sports Association 1962 (im Vorfeld der Olympischen Spiele) gegründet, verfolgt sie das Ziel, Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten einer sinnvollen Freizeitgestaltung mit sportlichen Aktivitäten in ihrer näheren Umgebung anzubieten. Auch eine ganzheitliche Persönlichkeitsförderung von jungen Menschen soll durch diese „sportliche Bildungsarbeit“ verfolgt werden.

Die oben genannten Sportclubs und Sportjugendgruppen werden erst in den weiterführenden Schulen angeboten – für Grundschüler/-innen gibt es hingegen neben den „Aufwärmübungen“ keine schulischen Sportangebote. Dementsprechend setzt sich ein Großteil der Mitglieder der JJSA vor allem aus 6- bis 12-Jährigen zusammen.

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