Mitgliederversammlung

Internationale Jugendarbeit zwischen Krieg und Frieden

IJAB-Mitgliederversammlung diskutiert politische Dimension

Welchen Beitrag leistet die Internationale Jugendarbeit zu Frieden und Verständigung? Der im Schatten eines Krieges in Europa möglicherweise naiv anmutenden Frage widmete die IJAB-Mitgliederversammlung den inhaltlichen Schwerpunkt der turnusgemäßen Sitzung am 23. Juni 2022 und näherte sich über zwei Aspekte an: Über die politische Dimension Internationaler Jugendarbeit und über die Agenda für Jugend, Frieden und Sicherheit der Vereinten Nationen.

07.07.2022 / Stephanie Bindzus

Zum Einstieg in das komplexe inhaltliche Thema stellte Hanna Lorenzen, Mitglied der Sachverständigenkommission des 16. Kinder- und Jugendberichts und Bundestutorin für politische Jugendbildung, das Verständnis und die Rolle politischer Bildung aus Sicht des 16. Kinder- und Jugendberichts dar. Demnach hat politische Bildung Demokratie als Ziel. Zugleich wird Demokratie sowohl zum inhaltlichen Gegenstand von Bildungsprozessen als auch praktisch eingeübt. Wesentlich sind aus Lorenzens Sicht ein breites Politikverständnis und die Haltung der Fachkräfte: Diese sollten in den Belangen der Jugendlichen auch die politische Dimension erkennen und die Themen junger Menschen sichtbar machen.

Perspektivenwechsel: Agenda für Jugend, Frieden und Sicherheit

Paul Klahre, UN-Jugenddelegierter 2020, Jugenddelegierter des Weltpfadfinderverbands (WOSM) und International Commissioner der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg, ging anschließend auf die Agenda „Youth, Peace and Security“ der Vereinten Nationen ein. Er stellte heraus, dass es aus seiner Sicht dringend notwendig sei, den Blick auf die Rolle junger Menschen im Kontext von Frieden und Sicherheit zu ändern.

In Ländern, die von Konflikten und Gewalt betroffen sind, werden junge Menschen in der Regel entweder als Täter oder als Opfer wahrgenommen. Unruhen und Instabilität – auch in den letzten Jahren im Rahmen des Arabischen Frühlings – werden häufig auf einen hohen jungen Bevölkerungsanteil zurückgeführt. Tatsächlich ist die Rolle junger Menschen in Bezug auf Frieden und Sicherheit nur unzureichend bekannt und viel komplexer, als diese Stereotypen vermuten lassen.

Das Youth4Peace Global Knowledge Portal führt aus: Die Agenda für Jugend, Frieden und Sicherheit hat in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen und markiert einen Wandel im Verständnis dessen, was junge Menschen sind und welche Rolle sie für Frieden und Sicherheit spielen. Die Resolution 2250 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (2015) ist der erste internationale politische Rahmen, der die positive Rolle anerkennt, die junge Menschen bei der Verhütung und Lösung von Konflikten, der Bekämpfung von gewalttätigem Extremismus und der Schaffung von Frieden spielen. Auf die UNSCR 2250 folgten die unabhängige Fortschrittsstudie über Jugend, Frieden und Sicherheit: der fehlende Frieden (2018) und die Resolution 2419 des UN-Sicherheitsrats (2018).

Was heißt das für die Internationale Jugendarbeit? Die angeregte Diskussion unter den Teilnehmenden zeigte sehr deutlich die Bedeutung und Brisanz des Themas – machte aber auch schnell klar, dass es hierzu keine einfache Antwort gibt. Spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine gibt es keine Zweifel mehr daran, dass bislang als selbstverständlich hingenommene Dinge nicht von Bestand sein müssen. Der Vorsitzende von IJAB, Rolf Witte, resümierte, dass Internationale Jugendarbeit präventiv wirken und zu Austausch und Verständigung beitragen könne. Das Thema „Youth, Peace and Security“ ermögliche darüber hinaus einen erweiterten konzeptionellen Ansatz. Die Internationale Jugendarbeit sei daher gefordert, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Rückmeldung der EU-Kommission

Neben der inhaltlichen Diskussion gab es mehrere relevante Entwicklungen in der ersten Jahreshälfte 2022, über die in der Mitgliederversammlung informiert wurde.

So berichtete Jochen Rummenhöller, stellvertretender Vorsitzender von IJAB, über die Rückmeldung der EU-Kommission zu den von der IJAB-Mitgliederversammlung beschlossenen finalen Empfehlungen der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Europäische Union (EU-AG). Die Empfehlungen zur Umsetzung der europäischen Jugendprogramme Erasmus+ Jugend und Europäischem Solidaritätskorps waren Anfang des Jahres unter anderem an die EU-Kommission gesandt worden. Hierzu erfolgte im April 2022 eine Rückmeldung, in der die Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport und Kultur auf die einzelnen Empfehlungen eingeht und diese kommentiert.

Ansiedlung von Erasmus+ Sport

Eine weitere Neuerung ist die voraussichtliche Ansiedlung des EU-Programms Erasmus+ Sport (Leitaktion 1) bei IJAB/JUGEND für Europa. Axel Stammberger, BMFSFJ, erläuterte – vorbehaltlich einer formalen Bestätigung – die Hintergründe für diesen Schritt und den aktuellen Sachstand. Als formaler Beginn der Umsetzung wird der 1. Januar 2023 avisiert, die Vorbereitungen beginnen jedoch bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022. Fokus der bei der Nationalen Agentur betreuten Maßnahmen liegt auf dem Austausch von Fachkräften, vor allem auf Einzelmaßnahmen wie zum Beispiel Job-Shadowing.

Änderungen bei Vorstand und Direktion

Nicht zuletzt gab es zwei personelle Änderungen. Mit Blick auf den im Oktober anstehenden Wechsel in der Direktion wurde Robert Helm-Pleuger zum zweiten Stellvertreter des künftigen Direktors von IJAB bestellt.

Berit Leisten, seit dem 10.12.2019 stellvertretende Vorsitzende von IJAB, legt aus beruflichen Gründen ihr Amt vorzeitig nieder. Der Vorsitzende Rolf Witte dankte Berit Leisten sehr herzlich für ihre Arbeit im Vorstand und ihr Engagement für die Belange von IJAB.

Mitglieder

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