„Wir müssen mehr darüber erfahren, wie wir junge Menschen besser über ihre Rechte als Verbraucher informieren können“, sagte Janaa Fedotoff zu Beginn des Webinars am 17. November 2021. Worüber informiert werden sollte, darüber konnten Felicitas Müller und Madeline Schillinger vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland Auskunft geben. Vom Einkaufen, über Reisen und Finanzprodukte, bis hin zum Kauf von Online-Produkten, Verbraucherrechte betreffen nahezu alle Lebensbereiche. Während der Corona-Pandemie konnten Felicitas Müller und Madeline Schillinger eine starke Zunahme der Beratungsanfragen feststellen. Das hängt einerseits mit der stetigen Zunahme des Online-Handels, aber auch mit Pandemie-bedingten Absagen von Reisen oder Veranstaltungen zusammen. Kann ich mein Flugticket erstattet bekommen? Darf mich der Veranstalter eines abgesagten Sprachkurses mit einem Gutschein abspeisen?
Verändertes Konsumverhalten, neue Herausforderungen
Sich verändernde Märkte und Konsumverhalten sorgen dabei immer wieder für neue Herausforderungen. Immer mehr Menschen achten inzwischen darauf, wie ihre Wunschprodukte hergestellt werden. Darüber können zum Beispiel Gütesiegel und die dahinterstehenden Zertifizierungen Auskunft geben. Aber: Ist der Dosen-Tunfisch wirklich umweltschonend gefangen worden oder hat der Hersteller sich lediglich ein Siegel einfallen lassen, das nichts besagt? „Greenwashing“ nennen das die Fachleute. Auch die Digitalisierung bringt ihre Tücken mit sich. Dazu gehört nicht gekennzeichnete Werbung durch Influencer in sozialen Medien oder verdeckte Kosten bei scheinbar kostenlosen Games.
Felicitas Müller und Madeline Schillinger können Tipps geben, wie man krumme Geschäfte im Internet erkennt. Ist die Internet-Adresse eines vorgeblichen Markenherstellers glaubwürdig? Gibt es ein vollständiges Impressum? Wird mehr als ein Produkt angeboten? Lässt die Lieferzeit darauf schließen, dass es sich nicht um einen Pullover aus Norwegen, sondern eher um einen handelt, das aus China verschifft wird?
Erreicht der Verbraucherschutz junge Menschen?
Aber: erreichen solche Informationen junge Verbraucher? Annika Gehring und Kira Schmahl-Rempel vom IJAB-Projekt JUGEND::VERBRAUCHER::DIALOG sind skeptisch. „Junge Menschen gehen nicht unbedingt auf Verbraucherschutz-Webseiten“, sagte Annika Gehring, „und die Informationen, die sich dort befinden, müssen für sie übersetzt werden“. Der JUGEND::VERBRAUCHER::DIALOG möchte junge Menschen dort ansprechen, wo sie sich aufhalten, und er möchte es in einer Sprache tun, die junge Menschen verstehen. Diejenigen, die das am besten können, sind junge Menschen selbst. In Kooperation mit dem jfc Medienzentrum hat sich eine Jugendredaktion gebildet, die das gesamte Projekt begleitet – vom Layout der Webseite, über die Posts in sozialen Netzwerken, bis hin zum Dialog mit der Politik. Auch ein MOOC, ein interaktives Online-Lernformat, und eine Influencer-Kampagne sind geplant. „Verbraucherrechte sind wichtig“, sagte Kira Schmahl-Rempel, „und wir müssen das nötige Wissen darüber jungen Menschen zugänglich machen“.
Einen Blick hinter die Kulissen der Jugendredaktion vermittelte Florian Mortsiefer. Sie trifft sich einmal wöchentlich und entwickelt Inhalte für Facebook und vor allem für Instagram. „Bei uns gibt es viel zu lernen“, sagte Mortsiefer, „Bildbearbeitung und Videoschnitt zum Beispiel, denn mit Text allein erreichen wir unsere Zielgruppe nicht“. „Aber“, fügte er hinzu, „wer zu uns kommt und mitmacht, erhält alle nötige Unterstützung dafür“. Der Begriff „Verbraucherschutz“ ist ihm zu sperrig, er möchte lieber an den Interessen junger Menschen ansetzen – am neuen Kopfhörer, der schon nach einer Woche kaputt war, oder am Online-Shop, der nie lieferte. Wie Annika Gehring und Kira Schmahl-Rempel empfindet er den Informationsdschungel zu Verbraucherschutzthemen als Herausforderung. „Man muss sich schon gut einarbeiten“, sagte er.
Am Thema dranbleiben
Gut informierte junge Verbraucher, die sich ihrer Rechte bewusst sind, sind also das Ziel. „Aber“, so stellte Julia Nuckols in ihrem Beitrag zum Seminar fest, „die nötige Information wird nicht einfach an uns herangetragen, die Verantwortung, sich zu informieren liegt immer mehr in den Händen der Verbraucher“. Nuckols forscht an der Universität Jyväskylä in Finnland zu digitalem Konsum und den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihn. Der Online-Handel hat in der Pandemie stark zugelegt. „Es ist sehr leicht, Geld auszugeben“, stellte Nuckols fest, denn das Bankkonto hebt ja nicht gleich den mahnenden Zeigefinger. Phänomene wie Kaufsucht hätten in der Coronakrise zugenommen, berichtete sie.
Für Janaa Fedotoff von ERYICA ist das ein weiterer Grund am Thema Verbraucherrechte und Jugendinformation dranzubleiben. „Wir müssen darüber mehr erfahren, es diskutieren und stärker in unsere Arbeit integrieren“, stellte sie zum Abschluss des Webinars fest.