Männer und Frauen sitzen auf einer Bühne und diskutieren Männer und Frauen sitzen auf einer Bühne und diskutieren
Nordafrika

4-jährige Erfolgsgeschichte

Konferenz in Casablanca diskutierte Jugendaustausch

Die Konferenz „Act to Chance!“ fand vom 22. bis 25. November 2019 in Casablanca statt. Die Eröffnung spiegelte die zentralen Themen und Herausforderungen.

19.08.2020 / Dr. Anneli Starzinger

In Eröffnung und erster Podiumsdiskussion ging es vor allem um die Bedeutung der 4 zentralen Konferenzthemen

und ihre Bearbeitung im Rahmen von internationalem Jugendaustausch.

Eröffnung

In ihrer Eröffnung betonten Marie Luise Dreber, Direktorin von IJAB (Deutschland), und Abdelhalmid Tawfik von Young United aus Al Hoceima (Marokko), die Erfolgsgeschichte der mittlerweile 4-jährigen Zusammenarbeit. Die Internationale Jugendarbeit sei im Rahmen der Transformationspartnerschaften ein wichtiges Instrument zum Aufbau der Zivilgesellschaft und demokratischer Strukturen – auch und gerade angesichts der großen Herausforderungen im Mittelmeerraum in den letzten Jahren wie die Zunahme terroristischer und extremistischer Tendenzen. Junge Menschen könnten durch Internationale Jugendarbeit neue Perspektiven erwerben und würden in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gestärkt. Das wiederum beuge extremistischen Tendenzen vor. Es gelte, ein gemeinsames Demokratieverständnis aufzubauen und neue Ideen der Zusammenarbeit zu entwickeln. Auf diese Weise trage die Internationale Jugendarbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen junger Menschen bei.

Die Konferenz begann mit aktivierenden Elementen, die das Kennenlernen erleichterten und einer Einführung in das Programm und seine Ziele. Ein erstes Highlight war die Podiumsdiskussion am Vormittag.

Podiumsdiskussion

In der Podiumsdiskussion beschrieben die Diskutant/-innen zunächst die jugendpolitische Situation ihrer Heimatländer und die daraus resultierenden Herausforderungen. Dabei zeigte sich, dass die Situation in allen nordafrikanischen Ländern durch hohe Jugendarbeitslosigkeit, mangelnde jugendpolitische Strukturen und eine Marginalisierung der Jugend insgesamt gekennzeichnet ist. Gleichzeitig spielen Jugendliche rein zahlenmäßig eine große Rolle in der Gesellschaft und stellen ein Potential für Zukunftsgestaltung dar, das leider bisher zu wenig genutzt wird. Marie-Luise Dreber, Direktorin von IJAB bezog sich für die Darstellung der jugendpolitischen Situation in Deutschland auf die Ergebnisse der im Oktober 2019 veröffentlichen Shell-Studie, die belegt, dass Jugendliche insgesamt optimistisch in die Zukunft blicken und bereit sind, sich für ihre Anliegen zu engagieren und auch auf die Straße zu gehen, wie das Beispiel die „Fridays for Future“-Bewegung zeigt. 30 % der Jugendliche seien offen für Populismus. Dabei sind Bildungsgrad und soziale Herkunft entscheidend für die Ausbildung entsprechender Haltungen. Die Unterstützung durch Jugendorganisationen und Jugendpolitik sieht Marie Luise Dreber hier zwingend notwendig. Die Jugendstrategie sei kein Allheilmittel. Als wichtige jugendpolitische Neuerung stellt sie den Jugend-Check vor, der vorsieht, dass jedes Gesetz im Hinblick auf die Wirkung und die Konsequenzen für Jugendliche überprüft werden muss.

Dr. Ahmed Jazouli von der Organisation TALM aus Marokko, Experte für Demokratisierung und allgemeine Jugendpolitik, beklagt mangelnde Finanzen und Umsetzungspläne für die Beteiligung von Jugendlichen an der Politik und am öffentlichen Leben. Jugend als „Instrument“ für Wachstum würde zu wenig gesehen und wertgeschätzt. Die große Jugendarbeitslosigkeit bzw. der späte Einstieg von Jugendlichen ins Berufsleben sei ein Verlust für die Produktivität Marokkos.

Dr. Mustapha Chikh Zaouali von der Organisation APEC (Association pour la promotion de l´education à la citoyenneté) führt aus, dass Jugendlichen unter 27 Jahren verfassungsrechtlich eine Teilhabe am öffentlichen Leben und der Politik zugestanden sei, dass die hohe Jugendarbeitslosigkeit aber dazu führe, dass Jugendliche andere Sorgen und Probleme hätten, als sich beispielsweise um Umweltschutz zu kümmern.

Hania ElKady von der GIZ in Ägypten berichtet, dass es viel Ähnlichkeit gebe zu den Herausforderungen in Marokko und Tunesien. Es sei der Wille da, Jugendliche stärker zu beteiligen, was auch in Jugendkonferenzen geschehe. Darüber hinaus stünden jedem Minister vier jugendliche Berater zur Verfügung, was ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei. Darüber hinaus existiere ein Jugendprogramm „Frag den Präsidenten!“ und ein weiteres Programm mit dem Ziel, Jugendliche für Führungspositionen zu qualifizieren. Dennoch blieben Bildung und Beschäftigung schwierige Themen und Jugendliche würden tendenziell immer noch als „Problem“ begriffen.

Weitere Themen und Fragestellen sind die bessere Beteiligung von Migranten und Flüchtlingen, die Bekämpfung patriarchalischer Tendenzen und die Verhinderung der Abwanderung Jugendlicher nach Europa. Es wird wiederholt auf die Notwendigkeit hingewiesen, Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche in den nordafrikanischen Ländern zu stärken und den wirtschaftlichen Aufbau grundsätzlich zu unterstützen, um der Abwanderung entgegenzuwirken. Darüber hinaus bedürfe es guter weiblicher Vorbilder für Frauen in der Arbeitswelt und familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Der Aufbau von Jugendorganisationen und eine entsprechende staatliche Anerkennung müsse unterstützt werden.

Was die Einflussmöglichkeiten der Internationalen Jugendarbeit angeht, sind sich alle Diskutanten einig: sie begünstige den Perspektivwechsel, trage dazu bei, Toleranz und Verständnis für Andersartigkeit zu entwickeln und fördere Empowerment. All das wirke Radikalisierungstendenzen und Hassdiskursen entgegen und sei damit unverzichtbar für konstruktive Entwicklung sowohl in den nordafrikanischen Ländern als auch in Deutschland.

orientalische Rosette
Act to Change!
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Download der Konferenzdokumentation "Act to Change!"
Konferenz zum Jugend- und Fachkräfteaustausch zwischen Deutschland, Ägypten, Marokko und Tunesien
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Eine Frau spricht in ein Mikrofon auf einer Bühne, fünf weitere Menschen hören ihr zu.
Über die Zusammenarbeit mit Nordafrika

IJAB vernetzt die Träger im Austausch mit Tunesien, Ägypten und Marokko. Wir bieten Interessierten Information und Beratung zum Jugend- und Fachkräfteaustausch mit Nordafrika an.

Ansprechpartnerinnen
Christiane Reinholz-Asolli
Referentin für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit
Tel.: 0228 9506-112