eine Gruppe junger Menschen posiert vor der Kamera eine Gruppe junger Menschen posiert vor der Kamera
Jugendliche während einer Jugendbegegnung der pewobe gGmbH im Sommer 2023
Fachkräfteinitiative.International

Internationalisierung ist kein Automatismus

Was bleibt von der Fachkräfteinitiative.International?

Im Rahmen der Fachkräfteinitiative.International haben sich 26 Träger darauf eingelassen, ihre Organisationen internationaler aufzustellen. Wie beurteilen die Träger die Ergebnisse nach dem Ende des Projektes? Was bleibt? IJAB-Referentin Kerstin Giebel hat darüber mit Manuela Demel, Projektmanagerin bei pewobe gGmbH in Frankfurt (Oder) gesprochen.

11.07.2024 / Kerstin Giebel

Kerstin Giebel: Wofür steht pewobe und was ist Euer Arbeitsfeld?

Manuela Demel: Die pewobe gGmbH ist ein freier Träger der Jugendhilfe, der sich vor allem auf die Belange Betreuung und Begleitung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien spezialisiert hat. Neben den gesetzlich definierten Aufgaben im Rahmen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes verfolgt die pewobe gGmbH auch das Ziel, einen Beitrag zur zivilgesellschaftlichen Entwicklung und besonders zum Internationalen Austausch als Basis für das friedlichen Zusammenleben, Toleranz und Vielfalt zu leisten. Dieses Ziel ist schon seit 25 Jahren Bestandteil unserer Arbeit.

Kerstin Giebel: Im Rahmen der Fachkräfteinitiative.International von IJAB (2021-2023) wurden 26 Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland bei dem Vorhaben begleitet, sich international(er) aufzustellen und Türen in andere Felder der Kinder- und Jugendhilfe zu öffnen. Die pewobe war einer der Träger. Wie sah Euer konkreter Plan aus? Und wie habt Ihr den Begriff „Internationalisierung“ mit Leben gefüllt?

Man muss die Mitarbeitenden mitnehmen

Manuela Demel: Die Ausschreibung zur Fachkräfteinitiative.International von IJAB hat uns zu einem Zeitpunkt erreicht, als die internationale Arbeit vor der Frage stand, wie und ob es weitergehen kann. Mitten in der Pandemie wurden sämtliche Möglichkeiten zur Mobilität von jungen Menschen in Frage gestellt. Wir als Träger haben in dem Aufruf zum Einreichen von Projektvorschlägen aber das deutliche Zeichen gesehen, dass es jetzt erst recht Zeit ist, sich mit der Internationalität in unserem Träger zu beschäftigen.

Seit 25 Jahren führen wir internationale Jugendbegegnungen durch. Im Laufe der Zeit hat sich diese Arbeit erweitert und es ist ein eigener Bereich der Internationalen Arbeit als Teil der Jugendarbeit nach SGB VIII §11 ist entstanden. Mit viel Kompetenz und Wissen wurde die Arbeit als eigenständiges Projekt innerhalb des Trägers umgesetzt. Neben den Einschränkungen durch die Pandemie standen wir auch vor der Frage, wie wir unserer Erfahrungen besser nutzen können, um uns insgesamt und flächendeckender internationaler aufzustellen.

Im Rahmen unseres Vorhabens haben wir uns dazu entschieden, einen Prozess auf verschiedenen Ebenen zu beginnen. Ein wichtiger Bestandteil war es, die Mitarbeitenden mitzunehmen und auf deren Expertise und Erfahrungen zu bauen. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich regelmäßig getroffen hat. Gleichzeitig wurde von „oben“ – auf auf der Leitungsebene – an Strukturen gearbeitet. In den drei Jahren haben wir viel debattiert, uns weitergebildet, verschiedene Formate erprobt und einige davon auch etabliert. Unser Ziel war es, für jede Einrichtung der pewobe etwas Passendes zu finden, um langfristig internationale Angebote in die Konzepte aufzunehmen. Davon sollen unsere vielfältigen Zielgruppen profitieren, aber auch unsere Mitarbeitenden.

Ohne die Fachkräfteinitiative.International wären wir nicht so schnell vorangekommen

Kerstin Giebel: Ihr haltet verschiedene Jugendhilfe-Angebote und Einrichtungen für Kinder und Jugendliche vor. Ihr seid eine gGmBH und arbeitet im grenznahen Raum Deutschland/Polen. Macht dieses Konstrukt es leichter, sich als Träger internationaler aufzustellen?

Manuela Demel: Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Zusammenarbeit mit Polen vor Ort in Frankfurt (Oder). Da die Grenze direkt vor der Haustüre liegt bietet es sich an, auch schon für die Kleinsten Begegnungen zu organisieren. Eine Kindertagesstätte in unserem Träger hat eine 30jährige Partnerschaft mit einem Kindergarten in Słubice, was dazu führt, dass sich die Vorschulkinder in der Regel monatlich begegnen. Trotz der Grenznähe ist die Etablierung einer internationalen Ausrichtung mit vielen Hürden und Widerständen verbunden. Von daher: Internationalisierung ist eben kein Automatismus, sondern man muss aktiv daran arbeiten und vor allem dranbleiben.

Kerstin Giebel: Welche Art von Unterstützung hat Euch während der Projektlaufzeit am meisten geholfen? Was fehlte?

Manuela Demel: Die Unterstützung im Rahmen der Fachkräfteinitiative.International war vor allem für das Dranbleiben wichtig. Ohne die Mitwirkung an der Fachkräfteinitiative.International wären wir nicht so schnell vorangekommen – vielleicht hätten wir uns auch nicht mit einem solchen Nachdruck, wie vor drei Jahren auf den Weg gemacht. Wichtig war besonders die finanzielle Unterstützung, die es uns erlaubt hat, über unsere regulären Aufgaben hinaus zu arbeiten. Wir konnten dadurch personelle Ressourcen für den Prozess nutzen und uns auch Materialien und Expertise von außen einkaufen. Durch IJAB konnten wir uns über die Projektlaufzeit hinweg gut vernetzen und uns auch in andere Netzwerke besser einbringen.

Es entstehen immer wieder neue Ideen und Ansätze

Kerstin Giebel: Wenn Ihr die Chance hättet, noch einmal so einen Prozess zu starten: Wäret Ihr dabei? Was würdet Ihr anders machen? Welche Tipps gebt Ihr Interessierten mit auf den Weg?

Manuela Demel: Wir würden jederzeit wieder diesen Weg gehen. Denn am Ziel sind wir noch nicht angekommen. Im Laufe des Prozesses sind auch immer wieder neue Themen aufgetaucht, die wir bearbeiten könnten. Es lohnt sich aber, sich auf den Weg zu machen, da viele großartige Dinge entstanden sind. Natürlich gab und gibt es auch Widerstände, die sich nur sehr langsam überwinden lassen. Veränderungen brauchen eben Zeit, besonders dann, wenn es darum geht, eine andere Haltung zu erzeugen.

Kerstin Giebel: Ein kleiner Ausblick: Wie geht es bei pewobe weiter – auch ohne die Fachkräfteinitiative.International?

Manuela Demel: Die Erfahrungen aus dem Projekt nutzen wir jetzt, um weiterzumachen. Wie schon erwähnt passiert Internationalisierung nicht einfach so – wir müssen dranbleiben. Alles, was im Rahmen der Fachkräfteinitiative.International begonnen wurde, wird nun weiter mit Leben gefüllt. Wir treffen uns nach wie vor regelmäßig auf der Mitarbeitereben, um uns über den weiteren Internationalisierungsprozess auszutauschen. Dadurch entstehen immer wieder neue Ideen und Ansätze, die wir verfolgen wollen.

Wir blicken zurück auf 25 Jahre internationale Jugendarbeit mit verschiedenen Formaten und Facetten. In dem Sinne schauen wir optimistisch auf die nächsten 25 Jahre, in denen wir hoffentlich noch viele weitere Konzepte ausprobieren und etablieren können, um möglichst allen Kindern und Jugendlichen, sowie deren Familien und schließlich auch unseren Mitarbeitenden internationale Erfahrungen bieten zu können. Egal, ob vor Ort oder im Ausland.

Kerstin Giebel: Wir danken Euch herzlich für Euer Fazit und die Offenheit. IJAB sieht sich selbst als lernende Organisation und möchte dazu beitragen, dass Erfahrungen aus diversen Internationalisierungsprozessen aufbereitet und Serviceleistungen noch besser an die Bedarfe der Praxis angepasst werden. Ihr helft uns dabei und macht anderen Trägern Mut!

Weitere Infos zum Projekt unter: www.pewobe-ffo.de

Skulptur 'Body of Knowledge' auf dem Campus Westend der Goethe-Universität in Frankfurt/Main
Über die Fachkräfteinitiative.International

Die Fachkräfteinitiative.International unterstützt Fachkräfte und Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe dabei, ihre interkulturellen und internationalen Kompetenzen zu stärken. Jugendliche werden aktiv in diesen Prozess eingebunden.

Vier Uhren mit unterschiedlichen Uhrzeiten
Über die Internationalisierung

Die Kinder- und Jugendhilfe mit ihren Fachkräften und Strukturen muss sich auf die wachsende Bedeutung grenzüberschreitender Lernerfahrungen einstellen.