Bedeutung und Wert des non-formalen und informellen Lernens
IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. (IJAB) ist im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), der Europäischen Kommission, seiner Mitgliedsorganisationen und anderer zentraler Träger der Jugendarbeit auf den Gebieten der internationalen Jugendpolitik, Jugendarbeit und Jugendinformation tätig. Aufgabe ist die Förderung der internationalen Jugendarbeit und der jugendpolitischen Zusammenarbeit, um das gegenseitige Verständnis junger Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen zu erweitern, ihre Beziehungen zueinander zu festigen und um Vorurteile abzubauen.
Internationale Jugendarbeit ist Teil der außerschulischen Jugendbildung und setzt damit insbesondere auf Lernerfahrungen in nicht-formalen und informellen Kontexten. Aus diesem Grund begrüßt IJAB die Anstrengungen zur Anerkennung und Förderung non-formaler und informeller Lernergebnisse und unterstützt die Anliegen des Konsultationsverfahrens.
Außerschulische Bildung im Allgemeinen und internationales und interkulturelles Lernen im Speziellen zielen auf eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung. In entsprechenden Lernsituationen werden zahlreiche Schlüsselkompetenzen herausgebildet, die einen Prozess des lebenslangen Lernens unterstützen und Teil dieses Prozesses sind.
Nicht-formales und informelles Lernen sind neben dem Bereich des formalen Lernens als eigenständiger Bildungsbereich anzusehen. Als solcher ist er in der Konsultation wahrzunehmen und anzuerkennen. Die außerschulische Bildung bietet eine enorme Vielfalt von Angeboten und Lernoptionen, eine hohe Diversität von beteiligten Organisationen und Verbänden, die zahlreiche spezifische Zielgruppen ansprechen. Ein weiteres starkes Wesensmerkmal ist die grundsätzliche Freiwilligkeit der Teilnahme an Angeboten der außerschulischen Bildung im Gegensatz zu formalen Qualifizierungsmaßnahmen.
Im Fokus des informellen Lernens und der non-formalen Bildung steht die allseits entwickelte Persönlichkeit und nicht zwingend eine „Engführung“ auf eine Verwertung der angeeigneten Kompetenzen für eine Beschäftigungsfähigkeit. Außerschulische Bildung, als Ort nicht-formalen und informellen Lernens, leistet nachweisbar auch einen Beitrag zur besseren Eingliederung in Arbeit, zielt darüber hinaus aber weiterhin auf Kompetenzen, die eine Teilhabe an Gesellschaft und Politik in einem breiten Verständnis ermöglichen.
Erfahrungen und Ergebnisse aus der außerschulischen Bildungsarbeit von IJAB
Einige Beispiele aus der internationalen und interkulturellen Arbeit verdeutlichen das:
- Insbesondere Jugendlichen bietet die außerschulische Bildung die Möglichkeit der Selbsterfahrung und des Erkennens der jeweils eigenen Fähigkeiten, Talente und Neigungen. Jugendliche können u.a. ihre Stärken erfahren und diese weiterentwickeln. Nicht zuletzt ist dies eine Hilfe bei der Ausbildungs- und Berufswahl.
- Angebote der Jugendinformation geben zusätzlich Hilfestellung für Orientierungen für alle Lebensfragen, die Jugendliche betreffen. Gerade in Übergängen von Schule, Ausbildung und Beruf kommt der Mobilitätsberatung eine sehr wichtige Funktion zu. Wissenschaftliche Untersuchungen haben die Annahme bestätigt, dass Auslandserfahrungen die Lebenswege und Lebenseinstellungen nachhaltig beeinflussen.
- Angebote der außerschulischen Jugendbildung bieten unterschiedliche Stufen des Engagements und des Involviertseins: Das Spektrum reicht von einfacher Teilnahme über Übernahme von ehren- und nebenamtlichen Aufgaben bis hin zu einer beruflichen Perspektive in der sozialen Arbeit und im gesellschaftspolitischen Engagement.
- Non-formales Lernen ist zudem eine wichtige Quelle für die Qualifizierung von Menschen, die sich freiwillig engagieren.
- Sozial- und anderweitig benachteiligte junge Menschen werden mit ausgewählten und auf sie zugeschnittenen Angeboten angesprochen. Sie werden so in niedrigschwellige Bildungsangebote einbezogen und sind in der Lage die Stärken ihrer Persönlichkeit zu erleben, Anerkennung zu erwerben und sich selbsttätig Wege in die Gesellschaft (und die Arbeitswelt) zu eröffnen.
- Internationale Jugendarbeit initiiert interkulturelle Lernprozesse und vermittelt Schlüsselkompetenzen wie Ambiguitätstoleranz und Respekt vor anderen Kulturen und religiösen und politischen Anschauungen, die der gesellschaftlichen Integration dienlich sind, aber auch das friedliche Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Ethnien fördern.
- In der konkreten Projektarbeit hat IJAB mit Partnern die Erfahrung – wissenschaftlich begleitet und evaluiert – gemacht, dass eine gemeinsame Zusammenarbeit von formaler Bildung (hier: in Schulen) mit nicht-formellem Lernen (hier: Träger der internationalen Jugendarbeit) sich sehr gut ergänzen kann und durch die Verzahnung dieser Bereiche u.a. ein wesentlicher Beitrag zur Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund gelingt. Der Beitrag zur Integration junger Menschen mit Migrations-hintergrund durch internationale Jugendarbeit konnte durch zahlreiche internationale Begegnungen und im Rahmen des europäischen Freiwilligendienstes belegt werden – ebenfalls Angebote der nicht-formalen Bildung. Mehr Modelle in diesen Settings sind notwendig und eine nachhaltige Implementierung wünschenswert.
Forderungen und notwendige Prozesse
- Die Anerkennung nicht-formalen und informellen Lernens muss in Gesellschaft und Arbeitswelt einen höheren Stellenwert erhalten. IJAB hat gemeinsam mit anderen Trägern der internationalen Jugendbildung hat eine Anerkennungssystematik entwickelt, die geeignet ist, nicht-formales und informelles Lernen nicht nur teilnahmeorientiert, sondern kompetenzorientiert zu bescheinigen. In diesem Kontext ist es politisch wichtig, die zahlreichen Anerkennungszertifikate sowohl auf nationaler, als auch auf europäischer Ebene miteinander in Beziehung zu setzen, Erfahrungen auszutauschen, voneinander zu lernen und sich gemeinsam für eine Steigerung der Wertigkeit dieser Anerkennungssysteme in der Gesellschaft einzusetzen.
- Das Wissen um die vielfältigen Anerkennungsinstrumente und ihre Spezifik muss vertieft werden. Die Auseinandersetzung mit den Systematiken und Definitionen von Kompetenzen ist zu verstärken. In diesem Zusammenhang ist die kritische Befassung mit dem Europäischen (EQR) und nationalen Qualifikationsrahmen (hier: DQR) zu suchen. Eines der Ziele dieses Unterfangens kann die Erhöhung der Akzeptanz europäischer Validierungsinstrumente und die Kompatibilität von spezifischen nationalen Instrumenten sein. Dies sollte nicht dazu führen, non-formal und/ oder informell erworbene Kompetenzen in Instrumente der formalen Bildung zu integrieren. Es ist jedoch wichtig, die gegebenen Zusammenhänge besser miteinander zu verknüpfen und eine Positionsbestimmung vorzunehmen.
- Unabhängig von diesem Dialog der Anerkennungssysteme sind nicht-formale und in-formelle Lernorte in ihrer Eigenständigkeit zu fördern.
Im Mittelpunkt der Anerkennung von Kompetenzen, die in non-formalen und informellen Rahmen erworben werden, sollen das Interesse und der Nutzen der Lernenden stehen. Den Trägern von außerschulischer Jugendbildung ist Unterstützung in ihrer Arbeit, deren Qualifizierung und für den europäischen Erfahrungsaustausch zu leisten.
Sie können die Stellungnahme hier als PDF-Datei herunterladen.
Marie-Luise Dreber
IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit
der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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