Rolf Witte Rolf Witte
Rolf Witte
Jugendpolitik

Navigieren im Bermuda-Dreieck

Zur Verabschiedung von Marie-Luise Dreber

IJAB-Direktorin Marie-Luise Dreber wurde in den Ruhestand verabschiedet. Rolf Witte, Vorsitzender von IJAB, schildert in einem sehr persönlichen Beitrag, was er an ihr besonders geschätzt hat und was ihre Verdienste sind.

27.09.2022 / Rolf Witte

Das Wort „Bermuda“ löst ja meist sehr positive Assoziationen aus: Es klingt nach Urlaub auf einer Inselgruppe in der Karibik, nach subtropischem Klima, nach einem Stück vielleicht noch heiler Welt. Weniger positive Assoziationen werden geweckt, wenn dem „Bermuda“ noch das Wort „Dreieck“ hinzugefügt wird, was dann das Seegebiet zwischen Bermuda, Florida und Puerto Rico bezeichnet: Schiffe und Flugzeuge verschwinden bei besten Wetterbedingungen und trotz erfahrener Pilot*innen und Besatzung spurlos.

Ich habe mir angewöhnt, das Agieren der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit und ihrer Direktorin Marie-Luise Dreber mit dem Segeln in eben diesem Bermuda-Dreieck zu vergleichen. Wobei die Schenkel des Dreiecks durch die Interessen der Mitgliedsorganisationen, durch das für IJAB zuständige Bundesjugendministerium sowie durch die Nationale Agentur JUGEND für Europa definiert sind.

Als Marie-Luise Dreber 2001 die Leitung der Geschäftsstelle übernommen hat, da bestieg sie die Brücke eines noch recht übersichtlichen Bootes. In diesem Herbst übergibt sie das Steuer eines veritablen Tankers an ihren Nachfolger Daniel Poli.

Ihr beherztes Navigieren um die Riffs und Klippen, die beim Entwickeln und Umsetzen von neuen und zukunftsweisenden Konzepten immer wieder unter der Wasseroberfläche auftauchen, hat sie bereits in ihren ersten Dienstjahren perfektioniert und sich mit ihrer positiven und motivierenden Grundeinstellung auch nicht durch Schlechtwetterfronten davon abbringen lassen – was alle Gesprächs- und Projektpartner*innen mit großem Respekt auf ihre persönliche unermüdliche Leistung und dadurch auch auf die große fachliche Kompetenz von IJAB blicken lässt.

Dabei hat sie das Schiff IJAB immer wieder an sich verändernde Wetter- und Strömungsbedingungen angepasst. In ihre Amtszeit fällt der grundlegende Umbau vom Internationalen Jugendaustausch- und Besucherdienst der Bundesrepublik Deutschland in die Fachstelle, wie wir sie heute kennen. Aus einem Dienstleister, der Delegationen aus dem Ausland in Deutschland begleitete und deutsche Fachkräfte internationale Luft schnuppern ließ, wurde eine national und international agierende Ideenschmiede, die wesentliche Impulse für das Arbeitsfeld der Internationalen Jugendarbeit gab und gibt und die es der Kinder- und Jugendhilfe ermöglicht, einen Blick über den Tellerrand nationaler Jugendpolitik hinaus zu werfen. Dabei wurden immer wieder neue Themen identifiziert und bearbeitet.

Dazu gehören z. B. Digitalisierung, Inklusion und Marie-Luise Dreber ist es gelungen, IJAB und damit auch der Internationalen Jugendarbeit insgesamt, deutlich mehr Gewicht zu verleihen. Von einem Hafenschlepper, der hinter seiner Arbeit weitgehend anonym und unbeachtet blieb, wurde IJAB zu einem Markennamen und Flaggschiff für Zukunftsthemen.

Dass es für solche Entwicklungen nicht nur eine Steuerfrau mit feinem Gespür für kommende Stürme und Flauten braucht, sondern auch eine mit Leidenschaft und Tatkraft, dafür ist Marie-Luise Dreber ein gutes Beispiel. So ist es z. B. auch ihrer unermüdlichen Vernetzungsarbeit zu verdanken, dass viele Träger der Internationalen Jugendarbeit nach dem Arabischen Frühling begannen, Projekte mit Partnern in Nordafrika umzusetzen.

Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass es Marie-Luise Dreber immer gelungen ist, alle relevanten Stakeholder (dieses Wort wurde bei ihrem Amtsantritt sicherlich noch nicht verwendet) mit ihren Zielen und Interessen im Blick zu haben. Der Ozean der guten Ideen für die Internationale Jugendarbeit und Jugendpolitik ist groß, aber Marie-Luise Dreber kennt ihn wie ihre Seemannskiste.

Das Bermuda-Dreieck wird übrigens auch Teufelsdreieck genannt – und bei IJAB müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn rückblickend die „Ära Dreber“ nicht als Erfolgsgeschichte für IJAB bewertet würde.

Eine junge Frau hebt die Hand.
Über Jugendpolitik

IJAB beobachtet u.a. die jugendpolitischen Entwicklungen in Europa und der Welt und informiert über Interessantes.