Jugendpolitik

Bundesministerin Giffey über internationalen Austausch

Beitrag im IJAB journal

Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey unterstreicht in ihrem Beitrag für das neue IJAB journal die Bedeutung der Internationalen Jugendarbeit für die Jugendlichen und die Gesellschaft. Als Ziel formuliert sie, „den internationalen Jugendaustausch von einem Angebot für wenige zu einer Chance für alle jungen Menschen zu machen“.

30.01.2019 / Dr. Franziska Giffey

Unsere Gesellschaft erwartet viel von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie sollen selbstständig werden, sich qualifizieren und ihren Platz in der Gesellschaft finden. Hinzu kommt: Junge Menschen stehen heute vor besonderen Herausforderungen. Globalisierung, Digitalisierung und der demografische Wandel bringen große Veränderungen mit sich. Damit Kinder von Beginn an gut in die Gesellschaft hineinwachsen, sind gute Kitas und Schulen nötig, die alle von Anfang an fördern. Wir brauchen gerechte Bildungschancen, damit es jedes Kind packt. Jugendliche werden dann mehr und mehr eigenständig aktiv. Sie brauchen Freiräume und Angebote, die Welt auf ihre Weise kennenzulernen, Angebote der Jugendarbeit.

Internationale Jugendarbeit wertschätzen

Internationale Erfahrungen sind für junge Menschen besonders wertvoll. Sie eröffnen neue Horizonte, bringen andere Menschen und andere Sprachen näher. Sie schärfen zugleich den Blick für das eigene Land und die  eigene  Kultur. Wer  einmal in Frankreich in den Sommermonaten in einem Ferienlager oder an einem sozialen Projekt mitgewirkt hat, wird das Land und die Menschen stets anders sehen als ein Wochenendtourist. Wer eine Weile in einer anderen Sprache  zurechtgekommen ist, gewinnt Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Jugendaustausch ist aber nicht nur für Einzelne wichtig, sondern auch für die Gesellschaft. Er stärkt den europäischen Gedanken. Gerade junge Menschen können mit  Begeisterung für Europa, die europäische Solidarität und das europäische Zusammenwachsen werben. Wer an einem Projekt mit Menschen aus einem halben Dutzend Ländern teilgenommen hat, erlebt, wie aus Fremden Freunde werden. Er oder sie wird danach eher das Gemeinsame sehen als die Grenzen und das Trennende. Jugendaustausch fördert Verständigung und Toleranz, auch über Europa hinaus – das beste Mittel um Fremdenfeindlichkeit und Rassismus vorzubeugen.

Obwohl wir um diese Vorteile wissen, müssen wir feststellen: Das Angebot reicht nicht aus, um allen Interessierten eine internationale Erfahrung zu ermöglichen. Und die Angebote sind nicht bekannt genug. Wir haben deshalb im Koalitionsvertrag vereinbart, den internationalen Jugendaustausch weiter zu stärken. Die ersten Schritte dafür sind getan. Im Herbst 2018 habe ich im Beisein des Bundespräsidenten in Athen eine Vereinbarung zur Gründung eines Deutsch-Griechischen  Jugendwerks unterzeichnet. Dieser Vereinbarung gingen lange Vorbereitungen und ein Sonderprogramm des Bundesjugendministeriums voraus. Es hat Aktivitäten und Projekte vieler Träger gefördert, die den deutsch-griechischen Austausch mit Leben gefüllt haben. In der gleichen Zeit habe ich mich mit meinem  israelischen Kollegen über die Gründung eines Deutsch-Israelischen Jugendwerks verständigt. Die  Gespräche fanden im Rahmen der Deutsch-Israelischen Regierungskonsultationen statt, regelmäßigen Treffen zwischen der Bundesregierung und dem israelischen Kabinett. Unsere Vereinbarungen stehen im Geist der besonderen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. Seit vielen Jahren sichern etliche Akteure in beiden Ländern mit großem Einsatz und mit großer Ausdauer einen kontinuierlichen Jugendaustausch. Dieses Engagement wollen wir zukünftig verstärkt unterstützen. Ein Beschluss des Deutschen Bundestags  vom 17. Januar 2018 sieht für 2019 bereits eine Million Euro für das Deutsch-Israelische Jugendwerk vor. Ab 2020 sollen es 4,5 Millionen Euro sein.

Diese positive Tendenz setzt sich auch bei beiden weiteren bilateralen Jugendwerken fort. Seit 2018 erhält das Deutsch-Polnische Jugendwerk eine Million Euro zusätzlich. 2019 wird der Betrag für das Deutsch-Französische Jugendwerk um zwei Millionen Euro aufgestockt. Damit setzen wir ein klares Zeichen: Wir wissen um den Wert der internationalen Jugendarbeit und des Jugendaustauschs und sind bereit, sie weiter zu stärken. Das wollen wir gemeinsam mit den Fach- und  Förderstellen der europäischen und internationalen Jugendarbeit angehen. Besonders wichtig ist mir, über bestehende Aktionspläne hinaus Zugangshemmnisse abzubauen und neue Zielgruppen für den Internationalen Jugendaustausch zu erreichen.

Jugendpolitik mit Jugendstrategie voranbringen

Ab Juli 2020 übernimmt Deutschland die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union, ab November 2020 den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates. Diese Chance wollen wir nutzen, um wichtige jugendpolitische Themen wie die Mobilität  junger Freiwilliger in Europa, die Förderung demokratischen Engagements und die Jugendarbeit voranzutreiben. Letzteres wird im Zentrum der dritten European Youth Work Convention 2020 in Deutschland stehen. Ziel ist es, eine gemeinsame  Agenda für Jugendarbeit in Europa zu entwickeln. Auf nationaler Ebene werden wir die EU-Jugendstrategie ab 2019 als Teil der neuen Jugendstrategie der Bundesregierung umsetzen – eine Politik für die Jugend, mit der Jugend und von der Jugend.

Wir verstehen Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe. Alle Bundesministerien werden erstmals zu den Themen der Jugendstrategie zusammenarbeiten. Auch die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit den Bundesländern und der lokalen Ebene  sind mir wichtig. Gleiches gilt für die Umsetzung der EU-Jugendstrategie und die Beteiligung junger Menschen an Entscheidungsprozessen in der EU. Junge Menschen haben im  Rahmen von EU-Jugendkonferenzen ihre Ziele formuliert: mehr  Informationen und mehr Beteiligungsmöglichkeiten, Stärkung der Jugend in ländlichen Räumen, Zugang zu Jugendorganisationen und europäischen Jugendprogrammen und vieles mehr. Diese EU Youth Goals und der neue EU-Jugenddialog sind  wichtige Instrumente, um Europa mit seinen Vorteilen für junge Menschen greifbarer zu machen und weiterzuentwickeln. Schließlich werden wir diskutieren, welche Rolle die beiden europäischen Förderprogramme Erasmus+ Jugend in Aktion und  das im Oktober 2018 von mir in Berlin gestartete Europäische Solidaritätskorps bei der Umsetzung Europäischer Jugendpolitik spielen können.

Wir wollen in der Jugendpolitik, ob national oder europäisch, die jungen Menschen in den Mittelpunkt stellen und sie stark machen. Denn es sind die jungen Menschen, die unseren Kontinent für die Zukunft gestalten: in einer Welt, in der  nur ein einiges, starkes und solidarisches Europa eine Chance auf Frieden, Wohlstand und ein gutes Leben bietet. Deshalb werde ich mich weiter für den Ausbau der EU-Programme und des internationalen Jugendaustauschs einsetzen. Unser Ziel ist es, den internationalen Jugendaustausch von einem Angebot für wenige zu einer Chance für alle jungen Menschen zu machen.

Eine junge Frau hebt die Hand.
Über Jugendpolitik

IJAB beobachtet u.a. die jugendpolitischen Entwicklungen in Europa und der Welt und informiert über Interessantes.