Eine Gruppe von Menschen diskutiert Eine Gruppe von Menschen diskutiert
Carolina Claus (rechts im Bild)
Jugendbeteiligung

Nach dem Summit ist vor dem Summit

Was bleibt von Youth7 Germany 2022?

Zum Jahreswechsel hat Deutschland die G7-Präsidentschaft an Japan übergeben. Damit enden auch die Aktivitäten rund um den G7-Jugendbeteiligungsprozess Youth7 unter deutschem Vorsitz. Die zivilgesellschaftliche Beteiligungsgruppe Youth7 gibt der Jugend alljährlich eine Stimme im Dialog mit Ministerial- und Regierungsvertreter*innen innerhalb der G7. Carolina Claus hat gemeinsam mit Benjamin Günther den G7-Jugendgipfel 2022 als Co-Vorsitzende geleitet. Die Redaktion von ijab.de hat sie gefragt, was nach dem Gipfel geschehen ist und wie junge Menschen weiterhin gehört werden.

14.02.2023 / Christian Herrmann

ijab.de: Seit dem G7-Gipfel und dem G7-Jugendgipfel ist etwa ein halbes Jahr vergangen. Die deutsche Präsidentschaft ist zum Jahreswechsel zu Ende gegangen, die damit verbundenen Aufgaben sind an Japan übergeben worden. Was ist in diesem halben Jahr geschehen?

Carolina Claus: Die Nacharbeit nach dem Gipfel gehört dazu. Sie ist ein wichtiges Element und steht gleichberechtigt neben dem Gipfel selbst. Eigentlich haben wir sogar mehr Arbeit nach dem Gipfel gehabt. Wir haben eine Woche Urlaub genommen, um uns ein bisschen auszuruhen, aber dann ging es wieder richtig los. Wir haben unsere Forderungen öffentlich gemacht und haben sie dann in vielen Treffen mit Ministerien, in politischen Gremien und in Gesprächen mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen vorgestellt und diskutiert.

ijab.de: Das ist offenbar ein wichtiger Unterschied zu den bisherigen G7- und G20-Jugendgipfeln.

Carolina Claus: Ja, das ist tatsächlich so. Wir haben ein ziemlich gutes Netzwerk aufgebaut und werden wahrgenommen. World Vision hat uns zum Beispiel zu einem Parlamentarischen Abend mitgenommen, auf dem wir unter anderem unsere Forderungen zu mentaler Gesundheit vorgestellt haben. Und so ergeben sich die Gesprächsmöglichkeiten inzwischen fast von selbst.

ijab.de: Ist der starke Austausch sowohl mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen als auch politischen Entscheidungsträger*innen vielleicht die wesentliche Errungenschaft dieses Jahres?

Carolina Claus: Bezüglich der Inhalte ist eine pauschale Aussage schwierig, bei manchen Themen haben wir Gehör gefunden, bei anderen nicht. Für die Engagementgruppen gilt insgesamt, dass die Ministerien ihnen inzwischen Gehör schenken und es ist wichtig, die damit verbundenen Möglichkeiten zu nutzen und einen Platz am Tisch zu haben. Die deutschen Bundesministerien haben uns jetzt auf dem Schirm. Auch während der Präsidentschaft des Vereinigten Königreichs wurden die Engagementgruppen eingebunden. Wie das unter der japanischen Präsidentschaft werden wird, müssen wir sehen. Auch hier wünschen wir uns natürlich eine Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Akteure.

Klimawandel: Die Politik ist zu langsam

ijab.de: Als ich nach dem G7-Gipfel mit dem Co-Vorsitzenden Benjamin Günther gesprochen habe, war er insbesondere von den Ergebnissen im Kampf gegen den Klimawandel enttäuscht. Wie siehst du die Lage ein halbes Jahr später?

Carolina Claus: Ja, damals wie heute sind wir mit den Ergebnissen nicht zufrieden. Es ist verrückt: Wenn man mit Politikerinnen und Politikern an einem Tisch sitzt, glaubt man, sie hätten den Ernst der Lage verstanden – und dann findet sich das in den Abschlussdokumenten nicht wieder. Die Dringlichkeit zu Handeln ist gegeben und wir können uns weiteres Zögern nicht leisten. Wenn Politik so langsam ist, dann ist das schon zum Verzweifeln.

ijab.de: Die G7-Präsidentschaft ist an Japan übergeben worden. Wie könnt ihr sichergehen, dass der nächste G7-Jugendgipfel gut aufgestellt ist? Wie wird hier Kontinuität sichergestellt?

Carolina Claus: Zunächst mal haben wir einen sehr guten Draht zu unserer japanischen Partnerorganisation. Deren Arbeit knüpft an unsere Schwerpunkte an. Auch zum Thema „Jugend, Frieden und Sicherheit“ wird weiterhin gearbeitet. Wir beobachten aber auch große Anstrengungen unserer Partnerorganisation, einen ähnlich offenen Zugang zu den Ministerien in Japan zu erhalten. Die Engagementgruppen werden gebündelt auftreten müssen, um ihre Forderungen einbringen zu können. In unserem Abschlusstermin mit dem Bundeskanzleramt wurde uns zugesichert, dass die Zivilgesellschaft weiter eingebunden sein wird.

Mit „Jugend, Frieden und Sicherheit“ zeichnet sich ein neues Thema ab

ijab.de: Das klingt ein bisschen so, als sei eure Arbeit noch nicht zu Ende.

Carolina Claus: Wir haben jetzt neue Delegierte, denen wir die Arbeit übergeben. Das ist gut und richtig so. Somit machen wir den Platz frei für Jüngere. Ein bisschen werden wir noch präsent sein, um die Kontinuität sicherzustellen und auch dabei zu unterstützen, dass die Gesprächskanäle erhalten bleiben. Der Jugendarbeit verbunden bleiben wir darüber hinaus auf jeden Fall.

ijab.de: Du hast „Jugend, Frieden und Sicherheit“ angesprochen. Angesichts vieler internationaler Entwicklungen ist das ein wichtiges Thema. Euer Abschluss-Kommuniqué bleibt bei konkreten Forderungen aber sehr wage. Müsste man angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine nicht konkreter werden?

Carolina Claus: Das Thema ist wichtig, aber es ist auch ein bisschen abstrakt. Es geht auf eine UN-Resolution zurück, spielt aber in Deutschland und den anderen G7-Ländern bisher kaum eine Rolle. Das gilt für die politische Ebene genauso, wie für die Jugendverbände. Auch deshalb wirkt das Abschluss-Kommuniqué etwas abstrakt. Uns war es wichtig, dass das Thema überhaupt gesetzt wurde – jetzt muss es weiterentwickelt werden. Der erste Schritt ist, dass junge Menschen beim Thema vertreten sind und auch gehört werden. Das trifft angesichts der gegenwärtigen Situation natürlich speziell auf junge Menschen aus der Ukraine zu, die ja beim G7-Jugendgipfel mit einer eigenen Delegation vertreten waren. Auf Deutschland bezogen möchten wir das Thema auf ministerieller Ebene platzieren und langfristig etablieren. Auf internationaler Ebene sind wir auf einem guten Weg: Zum Beispiel ist die NATO auf uns zugekommen, um sich mit uns auszutauschen. Dort hat man das Thema langsam auf dem Schirm. Die Dinge sind also im Fluss.

Eine junge Frau spricht in ein Megafon, andere hören ihr zu.
Über Jugendbeteiligung

Jugendliche sollen ihre Meinung äußern und bei politischen oder gesellschaftlichen Entscheidungen, die ihr Lebensumfeld betreffen, mitbestimmen dürfen.