Jugendbeteiligung

Das war: Challenge accepted – Europe

Rückblick auf das Pilotprojekt des Jugend-Budgets

Welche Themen sind für junge Menschen in Europa relevant? Welche Herausforderungen gibt es für Jugendliche gegenwärtig und zukünftig in Europa? Wie kann eine Plattform aussehen, die es jungen Menschen in Europa ermöglicht, sich zu jugendrelevanten Themen und Herausforderungen auszutauschen? Bei diesen Fragen setzte das Projekt „Challenge accepted – Europe“ im Oktober 2021 an. 13 Monate später kann sich das Ergebnis sehen lassen.

23.12.2022 / Sabine Humpf

Im Rahmen des Jugend-Budgets des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatten Jugendliche die Idee, eine Plattform zu entwickeln, die es jungen Menschen in Europa ermöglicht, sich zu jugendrelevanten Themen und Problemstellungen auszutauschen. Das IJAB-Projekt „Challenge accepted – Europe“ unterstützt seit Oktober 2021 eine Gruppe von Jugendlichen bei der Konzeption und Entwicklung der Plattform und beim virtuellen Austausch über die entwickelten Themen.

Die Anknüpfung an bestehende Netzwerke der europäischen Jugendarbeit wurde unter anderem über Kooperationspartner von IJAB, Eurodesk und Cities and Regions of Learning realisiert. Somit konnten Jugendlichen aus vielen europäischen Ländern erreicht werden.

Jugendbeteiligung von Anfang an

Am 6. November und am 4. Dezember 2021 veranstalteten IJAB und EJBM/GOEUROPE! gemeinsam mit Jugendlichen aus acht europäischen Ländern die beiden Events "Shaping Europe for young people. Let's create challenges to explore your ideas" und „Challenge accepted – Europe. Let’s create challenges to explore your ideas“.

Beim Kick-off-Event im November stand der partizipative Aspekt „Jung sein in Europa. Meine Themen. Meine Zukunft“ im Mittelpunkt. Auch die Projektnamensfindung war ein partizipativer Prozess. Während der Veranstaltung sammelten die Jugendlichen Ideen für mögliche Projektnamen, die bis zum 4. Dezember via Nuudel ausgewählt werden konnten. Die Entscheidung fiel auf „Challenge accepted – Europe“.

Inhaltich diskutierten die Jugendlichen via Mentimeter, welche Themen und Herausforderungen für ihre Generation von zentraler Bedeutung sind. Aus den vielen Vorschlägen wurden folgende Themengruppen geclustert:

Im Anschlussevent im Dezember 2021 stand schließlich das Kennenlernen der technischen Infrastruktur und die Erklärung der Webseite auf dem Programm.

Von Playlists, Challenges und Badges

Wie erfolgte nun die Umsetzung auf der Online-Plattform? Die 7 ausgewählten Themen wurden in „Challenges“ umgesetzt, die sich auf der Plattform als einzelne Aktivitäten wiederfinden. Diese Aktivitäten wiederum sind thematisch in „Learning Playlists“ zusammengefasst. Die Playlists sind wie kurze Online Kurse aufgebaut, können jedoch individuell bearbeitet werden (in individueller Reihenfolge; weitermachen, ohne vorher etwas abzuschließen; gezieltes Auswählen von interessanten Inhalten möglich). Jede Learning Playlist besteht aus mindestens vier Aktivitäten zum jeweiligen Thema:

Für jede abgeschlossene Aktivität und jede ganze Playlist kann ein Badge, also ein digitales Lernabzeichen, ausgegeben werden, der die individuelle Lernerfahrung nachweist. Die Nachweise wurden von den Koordinator*innen und Partnern des Projekts freigeschaltet und können von den Jugendlichen gesammelt werden (z.B. in der BadgeWallet App) und als Zertifikat ausgestellt werden. Alle Inhalte sind frei und offen zugänglich.

Bereitstellung der Playlists und Monthly Meetings

Am 17. Februar 2022 erfolgte der Launch der Online-Plattform mit einem Instagram-Live-Event über @rausvonzuhaus. Das Event hatte insgesamt 100 Zuschauer*innen. Eine junge Expertin zum Thema Feminismus teilte dort bereits ihren Input im ersten Monthly Meeting.

Von Januar bis Juli 2022 fanden insgesamt sieben Monthly Meetings über Zoom mit Jugendlichen aus den verschiedenen Netzwerken und darüber hinaus statt:

Feminismus

Geschlechtervielfalt, geschlechtsspezifische Vorurteile, Gleichberechtigung. Das sind Schlagworte, die wir heutzutage oft hören. Aber was bedeuten sie? In dieser Playlist können sich junge Menschen mit diesen Themen auseinandersetzen, die unter dem Begriff Feminismus zusammengefasst und näher beleuchtet werden. Im monatlichen Meeting am 19. Januar 2022 konnte Veronica Tieri aus Italien als Referentin gewonnen werden. Sie berichtete vom Projekt BWTS – BEYOND WHAT THEY SELL und diskutierte mit der Gruppe über Vorurteile gegenüber Feminismus.

Migration

Seit den frühesten Zeiten ist die Menschheit unterwegs. Manche Menschen ziehen los, auf der Suche nach Arbeit oder wirtschaftlichen Chancen, um zu ihrer Familie zu stoßen oder um zu studieren. Andere ziehen weg, um Konflikten, Verfolgung, Terrorismus oder Menschenrechtsverletzungen zu entkommen. Wieder andere fliehen als Reaktion auf die negativen Auswirkungen des Klimawandels, auf Naturkatastrophen oder andere Umweltfaktoren. Während viele Menschen aus freien Stücken migrieren, wandern viele andere aus Not heraus aus. Am 23. Februar 2022 war Amer Alshwekani aus Magdeburg zu Gast, der den Jugendlichen über seine Flucht vor fünf Jahren und die Herausforderungen der Integration in Deutschland berichtet hat.

Psychische Gesundheit

Die psychische Gesundheit umfasst unser emotionales, psychologisches und soziales Wohlbefinden. Sie beeinflusst, wie wir denken, fühlen und handeln. Sie beeinflusst auch, wie wir auf Stress reagieren, wie wir mit anderen umgehen und wie wir gesunde Entscheidungen treffen. Psychische Gesundheit ist in jeder Phase des Lebens wichtig, von der Kindheit und Jugend bis zum Erwachsenenalter. Es ist wichtig, daran zu denken, dass sich die psychische Gesundheit eines Menschen im Laufe der Zeit verändern kann, was von vielen Faktoren abhängt. Wenn die an einen Menschen gestellten Anforderungen seine Ressourcen übersteigen, kann seine psychische Gesundheit beeinträchtigt werden. Thomas Roorda und Mert Unveren waren am 16. März 2022 im monatlichen Meeting zu Gast und erzählten den Jugendlichen von ihrer Arbeit bei #IKBENOPEN in den Niederlanden und diskutieren mit den Jugendlichen über den Umgang mit mentaler Gesundheit in den verschiedenen europäischen Ländern.

Digitalisierung

Das monatliche Treffen am 20. April 2022 beschäftigte sich mit dem Thema Digitalisierung. Ein spielerischer Beginn erleichterte den Einstieg und das Kennenlernen zwischen den Teilnehmenden aus Litauen, der Türkei, Norwegen und Deutschland. Mithilfe von Mentimeter wurden erste Assoziationen zum Thema gesammelt. Anschließend wurde das Meeting von Zoom zu Spatial Chat verlegt, ein digitaler Raum, in dem die Jugendlichen sich in Form eines eigenen Avatars fortbewegen konnten.

Dort hatten die jungen Menschen die Möglichkeit, alleine oder gemeinsam verschiedene Themen der Digitalisierung zu entdecken. Zu den Themen Digitale Selbstverteidigung und Digitales Well-being konnten die Challenges auf der Plattform genutzt werden. Außerdem gab es ein Spiel zum Thema Social Media und Fake News sowie die Möglichkeit, sich über NGOs zu informieren, die über digitale Rechte aufklären. Am Ende kam die ganze Gruppe wieder zusammen und tauschte sich über die verschiedenen Themen, digitalen Tools und Erkenntnisse daraus aus. Es entstand eine interessante Diskussion darüber, wie soziale Medien uns beeinflussen und wie schnell sich Fake News verbreiten. Am Ende erstellten alle noch eine Toolbox, in der nützliche oder interessante digitale Tools für andere gesammelt und sichtbar gemacht werden.

Sustainability

Klimawandel, Nachhaltigkeit und Aktivismus – Themen, die viele von uns derzeit beschäftigen. Von jungen Menschen aus dem Projekt Challenge accepted – Europe ausgewählt, stand im Mai 2022 alles unter dem Oberthema „Sustainability”. Am 18. Mai 2022 fand das monatliche Online-Treffen des Projekts statt, mit jungen Menschen aus Norwegen, den Niederlanden und Deutschland. Ein besonderer Gast beim Treffen war Henrike Cremer von Fridays for Future, die nicht nur ihren Input eingebrachte, sondern auch Ideen, wie man sich aktiv gegen den Klimawandel einsetzen kann. Sie erzählte zum Beispiel, wie viele Menschen bereits jetzt unter den Folgen des Klimawandels leiden. Die Teilnehmenden stellten fest, dass man sich unter den Zahlen, die oft in den Medien genannt werden, kaum etwas vorstellen kann. Es entstand ein reger Austausch zwischen den Teilnehmenden, über Informationsmöglichkeiten und Ideen, wie man sich aktiv gegen den Klimawandel einzusetzen.

Youth (un)employment

Am 15. Juni 2022 fand das monatliche Meeting zum Thema Jugendarbeitslosigkeit statt. Auch eine Expertin war mit dabei: Alenka Blazinsek vom Nefiks Institut in Ljubljana, Slovenien. Nach einem ersten Kennenlernen zwischen den Teilnehmer*innen gab Alenka einen Input zur aktuellen Lage des Arbeitsmarktes in Europa für junge Menschen und einen Einblick in die “future skills”, also die Fähigkeiten, die in Zukunft von jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt erwartet werden. Ihr Motto: „Don’t let you career lead you, you lead your career”. Anschließend entstand eine offene Diskussion über verschiedenste Themen, beispielsweise darüber, dass junge Menschen mehr Unterstützung brauchen, um ihren Weg zum Traumjob zu finden. Eine Teilnehmerin aus Norwegen berichtete von einem Lehrer in der Schule, der seine Schüler*innen dahingehend immer motiviere und sich als Ansprechperson zur Verfügung stellt. Die Jugendlichen waren sich einig, dass es das nicht nur öfter geben sollte, sondern in den Schulen verankert sein müsse.

Youth Participation

Beim letzten monthly Meeting am 6. Juli 2022 ging es um das Thema Jugendpartizipation. Als zentrales Thema des Projekts wurden nicht nur IJAB und GOEUROPE!/EJBM als Organisationen mit vielen Möglichkeiten der Partizipation vorgestellt, sondern auch das Projekt Challenge accepted – Europe selbst. Ein Schwerpunkt lag dabei auf dem internationalen Jugendforum in Magdeburg, das kurz bevorstand. Außerdem wurden die Teilnehmenden selbst gefragt, was für sie Partizipation bedeutet und was ihnen daran wichtig ist. Definitionen, Ideen und Projekte in den eigenen Ländern wurden auf einem Jamboard gesammelt und die Jugendlichen konnten die Playlist Youth Participation ausprobieren.

Internationales Jugendforum in Magdeburg

Nach den sieben internationalen Monthly Meetings, bot sich den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich persönlich in Magdeburg zu treffen und auszutauschen. Vom 15. bis 19. Juli 2022 fand dort das internationale Jugendforum statt, das in Kooperation mit dem Cities und Regions of Learning Netzwerk organisiert wurde. Dabei kamen 103 Jugendliche, Fachkräfte und politische Entscheidungsträger*innen aus ganz Europa und darüber hinaus zusammen, letztere unterstützten den Prozess mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung.

Ziel der Veranstaltung war es, politische Empfehlungen zu den Themen Nachhaltigkeit, Inklusion, non-formales Lernen, mentale Gesundheit und Partizipation zu verfassen, die an die lokale Politik weitergeleitet und auf Landes- und Europaebene verbreitet werden sollen. Alle Ergebnisse wurden mit politischen Entscheidungsträger*innen diskutiert. Die Ergebnisse sind hier nachzulesen.

Neben Teilnehmenden aus den Niederlanden, Norwegen, Serbien, Slowenien, Litauen, Spanien, Italien und Deutschland, die teilweise bereits bei Challenge accepted aktiv waren, repräsentierte eine Gruppe aus zwei serbischen, einem französischen und zwei deutschen Teilnehmer*innen das Projekt während des Jugendforums.

Zum Programm des letzten Tages gehörte zudem die Überlegung, wie es mit Challenge accepted – Europe weitergehen könnte. Die Gruppe sammelte und präsentierte dazu viele Ideen, unter anderem einen eigenen Instagram-Account zu starten, weitere Treffen über Discord zu organisieren und die Ergebnisse des Jugendforums auf der Plattform zu integrieren.

Workshops im internationalen Netzwerk

Im internationalen Cities and Regions of Learning Netzwerk wurden von 7 Partnerorganisationen in Italien, Deutschland, Litauen, Niederlande, Norwegen, Serbien und Slowenien insgesamt 21 Workshops zu den 7 Themen des Projekts umgesetzt. In jedem Workshop wurde die thematisch zugehörige Playlist mit ihren Challenges zum Thema vorgestellt, inhaltlich besprochen oder erkundet und ausprobiert. Die Jugendlichen aus Europa konnten sich über die Themen austauschen und die Playlists durchführen.

Evaluationstreffen

Am Evaluations- und Abschlusstreffen des Projekts am 18. November 2022 wurde gemeinsam mit Jugendlichen aus dem Projekt auf die Entstehung der Plattform und die anderen Aktivitäten zurückgeblickt und sich ausgetauscht. Anschließend wurden die Teilnehmenden nach ihrem Feedback, ihren Anmerkungen und (Zukunfts-)Ideen gefragt.

Fazit – Wie kann es weitergehen?

Der partizipative und freiwillige Charakter im Projekt hat sich als besonders positiv auf die internationale Jugendbeteiligung im Projekt ausgewirkt. Es konnte ein großes internationales Netzwerk junger Menschen aus 7 europäischen Ländern aufgebaut werden, deren Beteiligte an Workshops, Challenges oder an den monatlichen Treffen teilgenommen haben.

Alle geplanten Aktivitäten des Projekts sind zwar abgeschlossen, die Plattform wird jedoch weiterhin online bleiben. So können die Inhalte weiter von Jugendlichen und Fachkräften genutzt werden. Noch ist offen, ob und wie es mit Challenge accepted – Europe weitergeht. Ideen hierzu und zu Themen, die auf der Plattform in Form von Challenges spannend wären, gibt es jedenfalls viele. Auch die Teilnehmenden des Projekts und die involvierten internationalen Partnerorganisationen sehen ein Potenzial in der Weiterentwicklung der Plattform und der weiteren Vernetzung in ganz Europa.

Eine junge Frau spricht in ein Megafon, andere hören ihr zu.
Über Jugendbeteiligung

Jugendliche sollen ihre Meinung äußern und bei politischen oder gesellschaftlichen Entscheidungen, die ihr Lebensumfeld betreffen, mitbestimmen dürfen.