Vision:Inclusion

Vision einer inklusiven Internationalen Jugendarbeit Wirklichkeit werden lassen

VISION:INKLUSION arbeitet an Strategie

Wie kann Internationale Jugendarbeit inklusiv gestaltet werden? Das IJAB-Projekt VISION:INKLUSION arbeitet dazu mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen an einer Strategie. Während eines gemeinsam mit der Aktion Mensch durchgeführten Fachforums am 3. Juli in Hannover gab es Gelegenheit die vorläufigen Ergebnisse zu diskutieren. Die Implementierung der Strategie, Qualifizierung und langfristige internationale Partnerschaften wurden dabei als Herausforderungen herausgearbeitet.

05.07.2017 / Christian Herrmann

Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention wurde die gesetzliche Grundlage für ein inklusives Bildungssystem geschaffen. Zugleich fand ein Paradigmenwechsel statt: Menschen mit Behinderungen werden nicht mehr als Objekte der Fürsorge betrachtet, sondern als selbstbestimmte Menschen, die ein Recht auf Teilhabe an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens haben. Daran erinnerte IJAB-Direktorin Marie-Luise Dreber bei der Eröffnung des Fachforums „Chancen eröffnen – Auf dem Weg zu einer inklusiven Internationalen Jugendarbeit“ am 3. Juli in Hannover. Etwa 60 Fachkräfte aus der Internationalen Jugendarbeit, Selbstorganisationen von Menschen mit Behinderungen, öffentlichen Verwaltungen und Wissenschaft waren zusammengekommen, um sich über den Stand der Entwicklung einer Inklusionsstrategie für eine inklusive Internationale Jugendarbeit zu informieren und noch einmal Impulse zu setzen bevor die Inklusionsstrategie zum Ende des Jahres finalisiert wird. „Wir haben bisher wenig Konkretes für die Praxis“, mahnte Dreber. Die Inklusionsstrategie, die vom IJAB-Projekt VISION:INKLUSION in einem gemeinsamen Prozess mit  Expert(inn)en aus der Internationalen Jugendarbeit, aus Selbstvertretungsorganisationen, Behindertenhilfe, Wissenschaft und Verwaltung seit 2015 erarbeitet wird, will die Brücke schlagen zwischen Gesetzen, politischer Absicht und einer inklusiven Praxis in einem wichtigen Feld non-formaler Bildung.

Inklusion ist ein Menschenrecht

Caren Marks, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist dieser Prozess wichtig. „Mit dem Projekt VISION:INKLUSION und dem Ziel, eine Inklusionsstrategie für die Internationale Jugendarbeit zu entwickeln, untermauern Sie Ihren Anspruch, gesellschaftlichen Wandel aufzugreifen, zu begleiten und zu gestalten“, sagte die Staatssekretärin während ihrer Eröffnungsrede. „Das ist wichtig. Durch Ihre Bereitschaft, stetig an sich und ihren Angeboten zu arbeiten, wird es uns gelingen, die Vision einer inklusiven Internationalen Jugendarbeit Wirklichkeit werden zu lassen.“  Marks ist sich der gesellschaftlichen Bedeutung von Inklusion bewusst: „Inklusion betrifft alle Lebensbereiche, von der Bildung über kulturelle Angebote bis zum Nahverkehr. Es geht um Lernprozesse und um Geduld. Es geht um Sensibilität und um Nachdenken über uns selbst und darüber, wie es uns gelingen kann, unsere Gesellschaft zu öffnen. Die Verwirklichung von Inklusion ist eine Aufgabe, die uns alle betrifft. Inklusion ist ein Menschenrecht.“

Bei der Entwicklung einer inklusiven Praxis müssen wir vieles ausprobieren

Die Inklusionsstrategie besteht aus drei Leitzielen:  Inklusive Kulturen, Strukturen und Praktiken sollen entwickelt werden. Dabei sollen Empfehlungen für Verwaltungen und diejenigen, die inklusive internationale Projekte umsetzen möchten, entstehen. Wie ist der Stand der Diskussion? Drei der Expert(inn)en, die am Entstehungsprozess beteiligt sind, gaben Einblicke. Christian Papadopoulos von designbar Consulting stellte die Ausrichtung an individuellen Bedarfen in den Mittelpunkt der inklusiven Kulturen. Rebecca Daniel von bezev erinnerte daran dass für inklusive Strukturen ein organisationaler und gesetzlicher Rahmen nötig ist, um finanzielle und personelle Ressourcen sicherzustellen. Dazu gehöre auch die Überprüfung der bisherigen Förderprogramme. Elżbieta Kosek von der Kreisau-Initiative machte den Zuhörer(inne)n Mut: „Bei der Entwicklung einer inklusiven Praxis müssen wir vieles ausprobieren und wir müssen auch Fehler machen können, denn wir betreten ein völlig neues Feld“.

Praxisbeispiele erarbeiten und in das Arbeitsfeld einspeisen

Prof. Dr. Andreas Thimmel von der TH Köln beleuchtete VISION:INKLUSION aus wissenschaftlicher Sicht. Dass die Inklusionsstrategie das Ergebnis eines träger- und handlungsfeldübergreifenden Prozesses darstellt, ist für ihn vorbildlich. Hindernisse sieht Thimmel in den Rahmenbedingungen von Projekt und Zielsetzung. Wer inklusive Internationale Jugendarbeit wolle, müsse dafür Geld in die Hand nehmen, langfristig denken und das entstandene Netzwerk sichern. „Inklusion braucht Qualität“, sagte Thimmel, „dazu gehören auch Vor- und Nachbereitung, um eine diversitätsorientierte, ungleichheitssensible Bildungsarbeit zu ermöglichen“. „Anders als in anderen Feldern der Pädagogik“, fuhr Thimmel fort, „braucht es die langfristige Partnerschaft in einem anderen Land“. All das benötige Ressourcen. Nun käme es darauf an, Praxisbeispiele zu erarbeiten und in das Arbeitsfeld einzuspeisen. Dafür sei es nötig, das gewachsene Netzwerk zu erhalten, ihm Vertrauen zu schenken und es solche Praxisbeispiele entwickeln zu lassen. „Die haben doch gezeigt, dass sie es können“, stellte Thimmel fest.

Eine anschließende Diskussionsrunde griff viele von Thimmels Gedanken auf. Tatsächlich sei nun die Praxis wichtig, stellte IJAB-Vorsitzender Lothar Harles fest. „Wenn jetzt nichts passiert, dann nützt auch das schönste Bewusstsein nichts.“  Dabei stellten die Teilnehmer/-innen der Diskussion die Vorzüge von Inklusion für alle heraus, auch für diejenigen, die nicht von einer Behinderung betroffen sind. „Wir brauchen nicht noch mehr Pluralisierung der Lebensverhältnisse, wir brauchen mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft“, meinte Harles und Alexander Westheide von der Aktion Mensch wünschte sich, „dass alle Menschen Diversität erleben können, denn der Umgang mit Vielfalt ist eine Schlüsselkompetenz in unserer Gesellschaft“.

Aus guter Praxis zu lernen und sie in die Inklusionsstrategie einfließen zu lassen war das Ziel von Creative Labs. Die Projektbeispiele kamen aus Freiwilligenagenturen, Sport, schulischer und außerschulischer Bildung sowie Kultur. Immer wieder stand dabei die Frage der Übertragbarkeit auf die Internationale Jugendarbeit im Zentrum des Interesses. Schnittmengen ergeben sich bei Organisationsentwicklung, Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder beim Arbeiten in kommunalen und sozialraumorientierten Strukturen. Aber auch Elternarbeit sei wichtig, um Überzeugungsarbeit zu leisten und Medienarbeit, um eine breite Öffentlichkeit anzusprechen.

Inklusionsstrategie implementieren

Wie geht es nun weiter? Bis Ende 2017 wird die Expert(inn)engruppe die Inklusionsstrategie fertigstellen. Wer Ideen einbringen möchte, dem stehen weiterhin die Kommunikationskanäle von VISION:INKLUSION, die Webseite und die Facebook-Gruppe offen. Darauf wiesen die IJAB-Projektkoordinatoren Ulrike Werner und Christoph Bruners zum Ende der Tagung hin. Auch an der Visualisierung von Projekten in Form einer virtuellen Landkarte wird weitergearbeitet. Wie die Inklusionsstrategie implementiert werden kann, wie Qualifizierung und internationale Partnerschaften möglich gemacht werden können, das zählt zu den Herausforderungen der Zukunft.

INT 4.0 – Namensnennung CC BY 4.0
Dieses Werk ist lizenziert unter einer INT 4.0 – Namensnennung CC BY 4.0 Lizenz.
Über VISION:INCLUSiON

Wie können Angebote internationaler Jugendarbeit so gestaltet werden, dass Jugendliche mit Behinderungen/ Beeinträchtigungen ganz selbstverständlich daran teilhaben können?

Ansprechperson
Ulrike Werner
Referentin
Qualifizierung und Weiterentwicklung der Internationalen Jugendarbeit
Tel.: 0228 9506-230