Energizer beim Runden Tisch Fachkräftequalifizierung 2023 in Bonn
Jahrestagung „Fachkräfte im Blick”

Unsere Arbeit lebt vom Austausch

Die Zukunftsfähigkeit der Jugendarbeit im Fokus

Zukunftsfähigkeit von Jugendarbeit: Das Leitthema des „Runden Tisch Fachkräftequalifizierung“, der vom Bundesjugendministerium und dem EU-Programm Erasmus+ geförderten Veranstaltungsreihe von IJAB und JUGEND für Europa, brachte rund 50 Akteure aus Forschung und Praxis der Jugendarbeit, dem schulischen Bereich und der Freiwilligenarbeit am 25. und 26. Januar 2023 in Bonn zusammen. 15 Themen standen in dem als Barcamp durchgeführten Format zur Diskussion; einige wurden in Workshops vertieft.

07.02.2023 / Susanne Klinzing

Bevor der Fokus auf die Zukunft gerichtet wurde, gingen Kerstin Giebel von IJAB und Rita Bergstein von JUGEND für Europa als Vertreterinnen der Veranstalter in ihrer Begrüßung zunächst auf Themen und Projekte ein, die seit dem letzten Runden Tisch (Januar 2022) vorangetrieben wurden und an denen IJAB bzw. JUGEND für Europa ihre Arbeit ausgerichtet hatten.

Die Digitalisierung der Internationalen und Europäischen Jugendarbeit, die Umsetzung von Internationalisierungsprozessen im Rahmen der ‚Fachkräfteinitiative.International‘ oder das Thema Schutzkonzepte, um Träger des Arbeitsfeldes Internationale Jugendarbeit bei der Entwicklung von Instrumenten und Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt zu unterstützen, sind einige der Bereiche, die ihre Wurzeln auch im Runden Tisch haben und bei IJAB weiter Fahrt aufgenommen haben, so Giebel. 2023 steht bei IJAB ganz im Zeichen eines Profilentwicklungsprozesses, um die Ausrichtung und Aufgaben der Fachstelle (neu) zu definieren und damit den Bedarfen der Mitglieder und Partner von IJAB noch besser entsprechen zu können.

Rita Bergstein von JUGEND für Europa verwies auf die Fortbildungsreihe Fokus Kompetenz zur Stärkung der Ausbildung und Anerkennung von Fachkräften der Jugendarbeit, an der im letzten Jahr intensiv gearbeitet wurde und die im Verlauf der Veranstaltung näher vorgestellt wurde. Zudem befasste sich JUGEND für Europa mit der Frage, wie das Thema Europa stärker in relevanten Fachrichtungen im Rahmen der Hochschulausbildung von künftigen Fachkräften der Jugendarbeit verankert werden kann. Mit Blick auf 2023 hob Bergstein die Fortsetzung des Bonn-Prozesses hervor, der darauf abzielt, die Jugendarbeit in ganz Europa zu stärken und weiterzuentwickeln, und die Möglichkeit zur weiteren Diskussion in einem gleichnamigen Workshop. Weitere Themenfelder, mit denen JUGEND für Europa befasst sein wird, sind Inklusion, Nachhaltigkeit und Lernmobilität.

Non-formale Bildung als Change Maker?

Katrin Klein-Zimmer, Professorin für internationale und transnationale Soziale Arbeit im Fachbereich Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz, und Ahmet Sinoplu, Geschäftsführer von Coach e.V., stellten sich den Fragen der Moderatorin und des Fachpublikums. Sinoplu als Vertreter einer Kölner Initiative, die sich als Träger der freien Jugendhilfe für Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit von jungen Menschen sowie ihren Familien mit Zuwanderungsgeschichte in Köln einsetzt, wünschte sich mit Blick auf die Zukunft vor allem mehr Chancengerechtigkeit für Jugendliche. Kompetenzen, die Jugendliche mitbringen, sollten als solche wahrgenommen werden. Als Themen, an denen aus seiner Sicht Jugendarbeit zukünftig nicht vorbeikommt, nannte er Digitale Kompetenz, Nachhaltigkeit sowie Flucht und Migration. Diese seien nicht nur zentral für Jugendliche, sondern auch eine Herausforderung für die Fachkräfte der Jugendarbeit. Dafür braucht es entsprechende Qualifizierungsangebote. Ein weiterer Baustein, an dem Fachkräfte ansetzen müssten, sei für ihn Elternarbeit.

Es fehle an Räumen für die Beteiligung von Jugendlichen, so Katrin Klein-Zimmer. Zudem sei Armut eine große aktuelle Herausforderung und ein Thema, das auch Jugendliche beschäftigt. Als eine Schlussfolgerung aus dem Jahr 2022 nahm sie die Bedeutung von Jugendarbeit als wichtigem Schutzraum mit; sie hoffe diesbezüglich auf Kontinuität im Arbeitsfeld. Vor dem Hintergrund der eigenen Profession sei ihr Anspruch, gute Fachkräfte auszubilden. Es fehle jedoch an Studienfächern zur Jugendarbeit, so Klein-Zimmer. Außerdem sei es ihr ein Anliegen, für das Thema Mobilität sensibilisieren, um damit auch Jugendarbeit als Berufsfeld wieder attraktiver zu machen. Wie Sinoplu plädierte auch sie dafür, mehr auf Jugendliche zu hören, wenn es um die Ausgestaltung von Jugendarbeit geht.

In der Interaktion mit den Tagungsteilnehmenden zeigte sich schließlich, dass es ein Zusammenspiel von formaler und non-formaler Bildung braucht, um Räume der Jugendarbeit so auszurichten, dass sie den Bedarfen der jeweiligen Zielgruppen gerecht werden. Für die Qualifizierung von Fachkräften sei es notwendig, eine internationale Erfahrung als Querschnittsaufgabe und Jugendarbeit grenzüberschreitend zu denken.

Zukunftsfähigkeit der Jugendarbeit – Welche Themen bewegen die Fachkräfte?

Sowohl im Vorfeld des Runden Tisches – über ein Padlet – als auch vor Ort hatten Trägervertreter*innen 16 Vorschläge für BarCamp-Sessions eingebracht, so viele wie nie zuvor. Darunter Themen wie

15 der Vorschläge wurden aufgegriffen und in einer ersten Runde mit Interessierten diskutiert. Am Abend wurden zentrale Aspekte aus den jeweiligen Sessions in einem Blitzlicht im Plenum vorgestellt. Im nächsten Schritt verständigten sich die Teilnehmenden gemeinsam auf fünf Fachbeiträge, an denen am 2. Tag des Runden Tischs in Vertiefungsworkshops weitergearbeitet wurde:

  1. Fokus Kompetenz
    „Fokus Kompetenz“ – eine mehrmodulige Fortbildung von JUGEND für Europa für Fachkräfte der Jugendarbeit, die sich im Hinblick auf Internationale Jugendarbeit weiter qualifizieren möchten. Im Workshop ging es darum, das im Think Tank von JUGEND für Europa in Kooperation mit IJAB und anderen Akteuren der Jugendarbeit, wie AdB, IKAB etc., erarbeitete Konzept vorzustellen und um weitere Aspekte aus der Sicht von Vertreter*innen beim Runden Tisch anzureichern. Das Weiterbildungsangebot soll in einer Pilotphase mit einer festen Gruppe durchgeführt werden. Später sollen die Fortbildungsmodule als “Baukastensystem” angeboten und damit genau auf die Bedarfe von Fachkräften zugeschnitten werden. Eine besondere Win-Win-Situation: Organisationen, die Fachkräfte zu der Fortbildung schicken, können in ihrer eigenen strategischen Entwicklung zu mehr internationaler und europäischer Jugendarbeit beraten und begleitet werden.
  2. Digitale Jugendarbeit
    Ziel des Projekts „Digitale Jugendarbeit“ der Youth Policy Labs gGmbH ist es, Fachkräfte der Jugendarbeit digital fit zu machen und ihnen zu verdeutlichen, warum es wichtig und richtig ist, digital fit und digitaler unterwegs zu sein.
  3. Mehr Diversität im deutsch-afrikanischen Jugendaustausch
  4. Niedrigschwelligkeit von Angeboten der internationalen Jugendarbeit
    Die Themen 3 und 4 wurden zusammen in einem Workshop betrachtet. Unter anderem wurde angeregt, Antragsprozesse niederschwelliger zu gestalten, in dem z. B. zuerst eine Interessensbekundung eingeholt wird, die auf ihre Umsetzung geprüft wird, der dann erst ein Antrag folgt. Für die Ansprache von benachteiligten oder marginalisierten Jugendlichen wurde der Austausch mit anderen erfahrenen Trägern empfohlen.
  5. Mit dem Bonn-Prozess und den EU-Jugendprogrammen auf dem Weg in eine zukunftsfähige Jugendarbeit
    Der Workshop generierte viele Ideen, um den Bonn-Prozess und die damit verbundenen Chancen für das Arbeitsfeld Jugendarbeit sichtbarer und transparenter zu machen: Eine Öffentlichkeitskampagne, mehr politische Lobbyarbeit durch Verbände und mehr Zusammenarbeit mit der lokalen Ebene waren nur einige der genannten Vorschläge.

Weil die quantitative und qualitative Erfassung von Daten dazu beiträgt, Jugendarbeit und insbesondere auch Internationale Jugendarbeit sichtbar zu machen, gab es zum Ende der Veranstaltung noch ein Spotlight auf i-EVAL, das Tool zur Erfassung und Auswertung internationaler Jugendbegegnungen. Kerstin Giebel, Koordinatorin des Projekts bei IJAB, lud die Teilnehmenden dazu ein, i-EVAL in ihren Strukturen stärker zu nutzen und damit auch Daten für die sogenannte Panelstudie zur Evaluation internationaler Jugendbegegnungen beizusteuern.

Insgesamt herrschte bei allen Anwesenden große Zustimmung und Enthusiasmus, die angesprochenen Themen und Ideen weiterzuverfolgen. Dazu ermunterten die Veranstalter und auch dazu, beim Thema Zukunftsfähigkeit mutig zu bleiben! Weitere Interessierte können sich jederzeit bei den Veranstaltern melden.

Die vielen neuen Gesichter unter den Teilnehmenden machten eines deutlich: Der Runde Tisch Fachkräftequalifizierung hat sich seit 2018 als feste Größe etabliert. Was wiederum auch zeigt, dass Jugendarbeit bewegt. Sie ist kein starres, sondern im Gegenteil ein sehr lebendiges Arbeitsfeld, das immer wieder aufs Neue Mitstreiter*innen braucht, die sich für eine zukunftsfähige Jugendarbeit fit machen möchten und müssen.

Die Initiative „Runder Tisch Fachkräftequalifizierung Jugendarbeit international“ wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und aus Mitteln der Europäischen Union gefördert.

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Reinschauen in die Dokumentation
Eine Gruppe von Menschen steht in einem Raum und diskutiert.
Jahrestagung „Fachkräfte im Blick”

Die Jahrestagung „Fachkräfte im Blick” ist ein trägerübergreifendes Angebot von IJAB und JUGEND für Europa. Es zielt darauf, die Mobilität von Fachkräften zu stärken und einen Beitrag zur Kompetenzentwicklung dieser Berufsgruppe in Deutschland und Europa zu leisten.

Eine Hand klebt einen Punkt auf ein Blatt mit handgeschriebenem Text.
Über die Anerkennung Internationaler Jugendarbeit

Das die Internationale Jugendarbeit als Bildungsangebot anerkannt und sichtbar wird, ist ein wichtiges jugend- und bildungspolitisches Ziel, das auch IJAB verfolgt.

Mehrere junge Menschen sitzen an einem Tisch und arbeiten an Laptops.
Über Digitale Jugendbildung

Digitale Jugendbildung ermöglicht jungen Menschen, das Internet als Kommunikations- und Kulturraum verantwortungsvoll zu nutzen und gesellschaftlich und politisch teilzuhaben.

Vier Uhren mit unterschiedlichen Uhrzeiten
Über die Internationalisierung

Die Kinder- und Jugendhilfe mit ihren Fachkräften und Strukturen muss sich auf die wachsende Bedeutung grenzüberschreitender Lernerfahrungen einstellen.

Ansprechpartnerin
Kerstin Giebel
Koordinatorin
Qualifizierung und Weiterentwicklung der Internationalen Jugendarbeit
Tel.: Tel.: 0228 9506-223