Ein Mann in Sportkleidung wirft einen Ball Ein Mann in Sportkleidung wirft einen Ball
Anthony Rodríguez Klinzing als Pitcher (Werfer) der Bonn Capitals beim European Champions Cup 2019 in Bologna
USA

Spielabbruch

Zum Studieren in die USA – und zurück

Anthony Rodríguez Klinzing war in den USA, um dort zu studieren und in seinem Uni-Team Baseball zu spielen. Dann kam die Coronapandemie und beendete seine Pläne vorläufig. Wie ihm ging es tausenden von jungen Menschen, die die vielfältigen Möglichkeiten eines Auslandsaufenthalts genutzt haben. Jetzt ist Anthony zurück in Deutschland und hat IJAB erzählt, wie es ihm geht.

18.05.2020 / Christian Herrmann

ijab.de: Anthony, was hat dich in die USA gezogen?

Anthony Rodríguez Klinzing: Ich habe Anfang Januar angefangen, an der Dordt University in Iowa zu studieren. Allerdings bin ich hingeflogen, ohne genau zu wissen, was ich studieren möchte. Vor allem wollte ich Baseball spielen. Da das Uni-Team Interesse an mir hatte, wollte ich diese Chance unbedingt nutzen. Schließlich habe ich mich für Business Administration als meinen Studiengang entschieden.

ijab.de: Wann wurde die Coronapandemie ein Thema an der Uni?

Anthony Rodríguez Klinzing: Ein, zwei Wochen nach Beginn des Studiums haben wir über den Ausbruch der Epidemie in China und die Auswirkungen auf die Wirtschaft gesprochen. Aber irgendwie war das weit weg und wir haben es nicht auf unser eigenes Leben bezogen. Dann sind wir Anfang März für ein Baseballturnier nach Arizona gereist und als wir da waren, wurde entschieden, dass das Universitätsgelände vorerst schließen und die Baseballsaison ebenso pausieren würde, wovon wir am 10. März erfuhren. Zwei Wochen später war dann klar, dass die Baseballsaison komplett abgesagt werden würde.

ijab.de: Sind die Studentinnen und Studenten auf dem Campus unter Quarantäne gestellt worden?

Anthony Rodríguez Klinzing: Als wir aus Arizona zurückkamen, war der Campus schon fast menschenleer. Die ausländischen Studenten sind zunächst geblieben. Wir wurden dringend dazu angehalten, auf unseren Zimmern zu bleiben, eine offizielle Regelung dazu gab es aber nicht. In der Mensa sollten wir zunächst Abstand voneinander halten, dann konnten wir das Essen nur noch mit aufs Zimmer nehmen.

ijab.de: Wolltest du zu dem Zeitpunkt nach Deutschland zurück?

Anthony Rodríguez Klinzing: Erst hat man uns gesagt, der Campus bliebe vier Wochen geschlossen und dann geht alles normal weiter. Aber nach einer Weile wurde uns klar, dass das nicht so kommen würde. Ab dann wollte ich zurück nach Deutschland, auch weil ich ja nicht mehr richtig trainieren und spielen konnte. Für Sportler ist das eine Katastrophe. Mein Team hat nur ein Viertel seiner Spiele gespielt. Corona hat wirklich alles über den Haufen geworfen. Ich musste versuchen, meine eigene Routine zu finden und sportlich in Form zu bleiben.

ijab.de: Wie hast du die Menschen in den USA erlebt? Wie sind die Studentinnen und Studenten mit der neuen Situation umgegangen?

Anthony Rodríguez Klinzing: Zuerst haben alle gedacht: Das ist keine so große Sache. Die wird bloß von den Medien großgemacht, hat aber nichts mit uns zu tun. Als dann der Campus zumachte, waren viele geschockt. Alle mussten das Semester mit Online-Unterricht beenden. Am heftigsten war es für die, die schon fast mit dem Studium fertig waren, weil sie keine klassische Abschlusszeremonie hatten, sondern alles per Computer beenden mussten.

ijab.de: Wie war deine Rückkehr nach Deutschland?

Anthony Rodríguez Klinzing: Ende März war klar, dass es mit Präsenzunterricht nicht weitergeht. Meine Mutter hat es dann geschafft, für den 1. April Flugtickets zu bekommen. Da hat sie wohl viel Glück gehabt. Meine Trainer waren hilfsbereit und haben mich zur nächsten Stadt zum Flughafen gefahren. Der Flughafen war fast menschenleer und im Flieger nach Chicago saßen nur 5 oder 6 Passagiere. In Chicago war schon mehr los und der Flieger nach Deutschland war randvoll. Das hat mir schon Sorgen gemacht. Ich hab mir gedacht: Ist das jetzt der Augenblick, in dem du dich infizierst? Aber es ist alles gutgegangen.

ijab.de: Wie geht es dir jetzt in Deutschland?

Anthony Rodríguez Klinzing: Ich kam an, alle Fitness-Studios waren zu und es gab keine Möglichkeit zu trainieren. Ich hab dann erst mal mein Studium online weitergemacht und versucht, mich fit zu halten. Aber alleine und ohne viele Trainingsmittel bringt das nur bedingt was. In der letzten Zeit habe ich mich dann mit früheren Baseball-Teamkollegen getroffen, um zumindest Bälle zu werfen. Ich fand es oft schwer, mich mit der Situation abzufinden und die Nerven zu behalten.

ijab.de: Wie geht es jetzt weiter?

Anthony Rodríguez Klinzing: Ich möchte im Herbst wieder in die USA. Planmäßig fängt das Herbst-Semester Ende August an. Aber ich muss schauen, wie die Situation dann ist. Niemand kann das im Moment sagen.

ijab.de: Belasten dich die Situation und die ganze Ungewissheit?

Anthony Rodríguez Klinzing: Ja, auf jeden Fall. Das ganze soziale Leben ist total eingeschränkt. Es läuft ja nichts – kein Schwimmbad, das offen hat, keine Bar, wo man sich mit Freunden treffen kann. Am schlimmsten ist für mich, dass ich keinen Sport treiben kann. Ich möchte trainieren und ich möchte spielen.

Natürlich ist die Situation für alle Leute schlimm, aber für Sportler, die mit Spielen Geld verdienen müssen und in manchen Fällen, wie zum Beispiel im Baseball, nur während der laufenden Saison bezahlt werden, ist es eine Katastrophe. Die Zeit, die Sportler haben, um sich weiterzuentwickeln und besser zu werden, ist begrenzt. Irgendwann macht der Körper das nicht mehr mit. Das soll natürlich nicht heißen, dass andere Menschen, die ihren Job verloren haben oder nur noch von Kurzarbeitergeld leben, nicht genauso oder noch mehr darunter leiden. Es ist für alle eine Katastrophe.

Nahaufnahme der US-amerikanischen Flagge
Über den Länderbereich USA

Im Länderbereich USA nimmt IJAB eines der beliebtesten Austauschländer unter jungen Menschen in den Blick.

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