China

Fachausschuss vereinbart Gestaltung der Zusammenarbeit

Außerschulischen Jugendbildung ist Schwerpunkt

Vom 9. bis zum 12. März trafen sich die Vertreter/-innen des bilateralen Fachausschusses für die jugendpolitische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China in Bremen, um Absprachen für die weitere Zusammenarbeit zu treffen. Neben den konkreten Arbeitsergebnissen und Vereinbarungen informierte die chinesische Seite über die aktuellen jugendpolitischen Schwerpunkte in China.

08.04.2015 / Dorothea Wünsch

Die bilateralen Fachgespräche zur jugendpolitischen Zusammenarbeit sind turnusmäßig Teil der am 14. September 2006 unterzeichneten Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend der Bundesrepublik Deutschland und dem Allchinesischen Jugendverband der Volksrepublik China über die Zusammenarbeit im Bereich Jugendhilfe.

Im Rahmen der diesjährigen Fachgespräche wurden die jugendpolitischen Entwicklungen der Kinder- und Jugendhilfe in beiden Ländern thematisiert, die durchgeführten Projekte ausgewertet und zukünftige Aktivitäten im Bereich des Jugend- und Fachkräfteaustauschs vereinbart.

Schwerpunkte der chinesischen Jugendpolitik

Die chinesische Seite erläuterte aktuelle Schwerpunkte und Entwicklungen in der Jugendpolitik Chinas. Aktuell gehören zu den wichtigen Themen

•    der Ausbau der außerschulischen Jugendbildung,
•    Jugend und Beschäftigung insbesondere mit Fokus auf Jungunternehmertum,
•    die Förderung des Schutzes der Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen unter anderem durch die Ausbildung von Fachkräften der sozialen Arbeit sowie
•    Freiwilliges Engagement im Bereich des Umweltschutzes und zur Unterstützung von benachteiligten Bevölkerungsgruppen.

Ausbau der außerschulischen Jugendbildung

Die außerschulische Jugendbildung ist ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt im Verantwortungsbereich des Allchinesischen Jugendverbandes (ACYF). Sie ergänzt die Bildung bzw. den Unterricht gemäß Curricula in den Schulen und soll der Stärkung des ideologischen und politischen Bewusstseins der jungen Menschen sowie der Vermittlung von sozialen Kompetenzen dienen. Beabsichtigt ist, die Entwicklung des gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins bei jungen Menschen zu fördern und einen Beitrag zur Gestaltung einer harmonischen Gesellschaft zu leisten. Die Ziele der außerschulischen Jugendbildung bzw. sozialen Erziehung sind eng mit dem sozioökonomischen Wandel verknüpft und befinden sich seit der Gründung der Volksrepublik China in einem ständigen Entwicklungsprozess. Im Fokus stehen derzeit insbesondere auch die Wiederbelebung des konfuzianischen Gedankenguts und die gesellschaftliche Verankerung der traditionellen Werte, um mit den konfuzianischen Tugenden das Ideal der gesellschaftlichen Harmonie zu erreichen.

Jugend und Beschäftigung

Für viele junge Menschen in China ist der Einstieg in die Arbeitswelt eine große Herausforderung. In den ländlichen Regionen gibt es nicht genügend Arbeitsplätze, so dass sich viele junge Menschen, ohne Qualifikationen und konkrete Zukunftspläne, auf den Weg in die Städte machen, um dort Arbeit zu finden. Arbeitslosigkeit ist jedoch nicht nur ein Problem der geringer qualifizierten jungen Menschen, sondern zunehmend auch von Hochschulabsolvent(inn)en. Trotz der Urbanisierungsbestrebungen und des Strukturwandels der Wirtschaft können die Städte bzw. der Arbeitsmarkt die steigende Zahl an Akademiker(inne)n (noch) nicht aufnehmen. Zudem erfolgt die Ausbildung sehr theorieorientiert und entspricht nicht dem Bedarf des Arbeitsmarktes nach qualifizierten Facharbeiter(inne)n. Aus diesem Grund ist die chinesische Regierung bestrebt, das Image handwerklicher bzw. technischer Arbeit zu verbessern und die praxisnahe Ausbildung an technischen Fachschulen aufzuwerten und auszubauen. In der Förderung des Unternehmertums unter Jugendlichen wird ein weiteres wichtiges Mittel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gesehen. Im Fokus der Aktivitäten des ACYF stehen daher insbesondere Maßnahmen wie die Entwicklung von Kompetenztrainings, Mentoring-Programme mit erfolgreichen Unternehmer(inne)n und Hospitationsprogramme in Unternehmen ebenso wie die Einrichtung von Gründungszentren und die Bereitstellung von Gründungskapital.

Förderung des Schutzes der Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist der Schutz der Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen. In der Verfassung Chinas wurde 1982 festgelegt, dass es Aufgabe des Staates ist, die moralische, intellektuelle und physische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Mit der Verabschiedung des Gesetzes zum Schutz von Minderjährigen wurde 1991 erstmalig ein Gesetz geschaffen, dass explizit den Jugendschutz zum Thema hat. Dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt für den Kinder- und Jugendschutz des Landes. Eine staatliche bzw. sozialarbeiterische Intervention in die Erziehungskompetenz der Eltern ist in China allerdings gesetzlich (bislang) nicht verankert. Als Reaktion auf die starke Zunahme der Jugendkriminalität in China wurde 1999 das Gesetz zur Vorbeugung jugendlicher Straftaten verabschiedet. Die Weiterentwicklung der bestehenden jugendrelevanten Gesetze und die Umsetzung in der Praxis sind zentrale Anliegen des ACYF. Um Kindern und Jugendlichen eine Anlaufstelle in Problemfällen zu bieten, wurde landesweit die Beratungshotline „12345“ eingerichtet. Außerdem werden vom ACYF Serviceeinrichtungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe als Pilotprojekte aufgebaut. Der Begriff der sozialen Arbeit ist im chinesischen Kontext noch relativ neu; ein Ausbau der sozialen Arbeit ist vorgesehen. Dafür ist die Qualifizierung von Fachkräften von besonderer Bedeutung. Derzeit werden etwa 100.000 zusätzliche Sozialarbeiter/-innen benötigt.

Freiwilliges Engagement

Freiwilligendienste bzw. die Freiwilligentätigkeit hat in den vergangenen Jahren in China deutlich an Bedeutung gewonnen. Dabei hat nicht nur die politische Anerkennung und Unterstützung, sondern auch die gesellschaftliche Bereitschaft für freiwilliges Engagement zugenommen. Im Jahr 2014 gab es laut Auskunft des ACYF 45 Millionen eingetragene Freiwillige in China. Insbesondere im sozialen Bereich und bei der Unterstützung von benachteiligten Bevölkerungsgruppen setzt die chinesische Regierung zunehmend auf freiwilliges Engagement als Motor der gesellschaftlichen Entwicklung bzw. zur Schaffung einer harmonischen Gesellschaft. Besondere Aushängeschilder sind Projekte zur Entwicklung der ärmeren Regionen Chinas („Go West“), zur Unterstützung von Kindern von Wanderarbeiter(inne)n in der Stadt, zur Förderung von Kindern mit Behinderung sowie zur Begleitung von Jugendlichen ohne Arbeit und festen Wohnsitz. Ein weiteres wichtiges Projekt ist die 1999 initiierte Umweltschutzinitiative „Mother River Protection Operation“, die der Entwicklung des Umweltbewusstseins bei jungen Menschen dient. Junge Freiwillige unterstützen die Aufforstung in der Umgebung von Flüssen, entnehmen Gewässerproben bzw. erheben Daten zur Bewertung der Verschmutzung der Flüsse.

In allen Arbeitsbereichen gewinnt die Einbindung von neuen Medien wie Chat, Miniblogg und Internet an Bedeutung. Von den 630 Millionen chinesischen Internetnutzern sind 80% junge Leute. Laut chinesischer Seite sind die jungen Menschen auch maßgeblich an der Produktion der Webangebote beteiligt, beeinflussen mit ihren Webangeboten wiederum Jugendliche und haben dadurch durch die Bereitstellung von Angeboten für junge Menschen eine besondere Bedeutung.

Die weitere jugendpolitische Zusammenarbeit

Neben der gegenseitigen Information über aktuelle jugendpolitische Schwerpunkte gab es eine konstruktive Diskussion über die zukünftigen Aktivitäten der Zusammenarbeit. Die chinesische Seite hat nochmals ihr großes Interesse an der bilateralen Zusammenarbeit mit Deutschland und an einem intensiven fachlichen Austausch betont. Sie unterbreitete den Vorschlag, eine Internetplattform für den deutsch-chinesischen Jugend- und Fachkräfteaustausch zu gestalten. Beide Seiten waren sich darin einig, das Format der Partnerkonferenz weiterzuentwickeln und im Jahr 2016 anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der bilateralen jugendpolitischen Zusammenarbeit eine thematisch ausgerichtete Trägerkonferenz in Deutschland auszurichten.

Einen weiteren wichtigen Bestandteil der Gespräche bildeten die Absprachen zu den Kooperationsprojekten und Themenschwerpunkten der bilateralen Zusammenarbeit im Jahr 2015. Im bilateralen Protokoll sind hinsichtlich der Aufgabenstellung von IJAB zwei Fachkräfteprogramme für 2015 vereinbart worden. Dabei wurden Themen gewählt, die sowohl in Deutschland als auch in China von besonderer Relevanz sind:

Rahmenprogramm: Fachbesuche und -informationen in Bremen

Um den Gästen aus China einen Einblick in die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe vor Ort zu ermöglichen, wurden in Kooperation mit den Kolleg(inn)en der Senatsverwaltung für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales Fachbesuche im LidiceHaus und im Jugendzentrum Findorff organisiert. Mit den Fachkräften vor Ort wurde ein breites Themenspektrum diskutiert wie etwa die Qualifikation von Mitarbeiter(inne)n in Jugendeinrichtungen, Maßnahmen zur Begegnung des Rechtsextremismus, Maßnahmen für eine erfolgreiche Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund, Internetangebote für junge Menschen, Aufgaben von Jugendbeiräten etc. Auf besonderes Interesse stieß bei den chinesischen Gästen Informationen über die Elternarbeit. Eltern werden in China bislang kaum in die Angebote einbezogen. Zum Abschluss der bilateralen Fachgespräche fand ein Empfang durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales im Bremer Rathaus statt.

Die Ergebnisse der Fachgespräche wurden in einem gemeinsamen Protokoll festgehalten. Die nächsten bilateralen Fachgespräche sind in Verbindung mit einer Partnerkonferenz anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der deutsch-chinesischen jugendpolitischen Zusammenarbeit im März 2016 geplant.
 

Menschen sitzen an einem Tisch und essen.
Über die Zusammenarbeit mit China

In Zusammenarbeit mit dem All-Chinesischen Jugendverband, dem zentralen jugendpolitischen Akteur Chinas, setzt IJAB Fachkräfteprogramme im Auftrag des Bundesjugendministeriums um. Erfahren Sie mehr über diese Kooperation und wie Sie daran teilhaben können.

Ansprechpartnerinnen
Annika Gehring
Referentin für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit
Tel.: 0228 9506-101
Elke Metzner
Sachbearbeitung
Kompetenzstelle Sprache
Tel.: 0228 9506-106