China

Chinesische Delegation informiert sich über deutsches Engagement

Migration und Integration waren die Themen

Die Zusammenarbeit im Bereich der Jugendhilfe zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China beschäftigte sich in diesem Jahr mit der Integration von benachteiligten jungen Menschen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Die Teilnehmenden der Delegation zeigten sich neugierig und beeindruckt. Es wurden aber auch Unterschiede deutlich.

14.11.2012 / Sebastian Jabbusch

"Wie lange dauern die Integrationskurse?", "Wie viel kostet dies die Regierung?", "Können Sie Ihre Ziele erreichen?" Mit detailreichen Fragen informierte sich die chinesische Fachkräfte-Delegation beim Jugendmigrationsdienst in Wiesbaden über die auf kommunaler Ebene organisierten Integrations-Angebote in Deutschland. Der Wunsch von den Erfahrungen der deutschen Kolleg(inn)en zu lernen, war bei den asiatischen Gästen nicht nur dort, sondern über die gesamten vier Tage des Programms spürbar.

Vom 5. bis 9. November 2012 besuchte eine 6-köpfige Delegation auf Einladung des Bundesjugendministeriums verschiedene Behörden und Einrichtungen, die sich mit der Integration von benachteiligten jungen Menschen und Jugendlichen mit Mitgrationshintergrund beschäftigen. Seit 2007 finden zwischen dem BMFSFJ und dem Allchinesischen Jugendverband (ACYF) regelmäßig bilaterale Fachgespräche statt. In der Volksrepublik China gibt es kein Ministerium, das explizit für Jugendfragen verantwortlich ist. Diese Aufgabe übernimmt der ACYF, der gleichzeitig auch als Dachverband von chinesischen Jugendorganisationen fungiert. Ziel der im aktuellen Protokoll (PDF) vereinbarten Fachaktivitäten ist es, das Verständnis für die Rahmenbedingungen, Strukturen und Mechanismen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland zu vermitteln, um die Grundlage für eine zielgerichtete und wirksam gestaltete Zusammenarbeit zu schaffen.

Die Delegation wurde vom stellvertretenden Vorsitzenden der China Youth & Children Research Association, Lu Xu geführt. “Integration wird uns weiter sehr beschäftigen. Wir haben hier viel gelernt”. Anders als in Deutschland, wo Migration vor allem ein Thema der Zu- und Auswanderung ist, steht in China die gewaltige Binnenmigration vom Land in die Städte im Mittelpunkt von Politik, Wissenschaft und Praxis. Die Urbanisierung und Integration von Kindern und Jugendlichen aus ländlichen Gebieten in die städtische Gesellschaft ist seit 2011 ein Schwerpunktthema in der Arbeit des Allchinesischen Jugendverbandes.

Das inhaltliche Programm startete am Dienstag in Würzburg, wo die Delegation von der stellvertretenden Landrätin Frau Elisabeth Schäfer begrüßt wurde. Im Amt für Jugend und Familie erhielten die Gäste Präsentationen, die eine Übersicht über die Strukturen der Jugendarbeit in Deutschland gaben mit besonderem Fokus auf sozialraumorientierte Angebote für benachteiligte Jugendliche und ihre Familien. Am Nachmittag konnten die theoretischen Fragen beim Besuch zweier Jugend- und Kulturzentren als Beispiele für die offene Jugendarbeit um die der praktischen Umsetzung ergänzt werden.
Am Mittwoch stellte sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Fragen der Gäste. Hier ging es insbesondere um die aus dem Zuwanderungsgesetz von 2005 resultierenden und durch das Bundesamt koordinierten Integrationsmaßnahmen. Am nächste Tag begrüßte der Sozialdezernent der Stadt Wiesbaden Axel Imholz die Delegation persönlich (vgl. Foto), bevor der Internationale Bund über die Umsetzung von Integrationskursen in der Praxis berichtete.  Jugendliche und Kinder erhalten dabei gesonderte Kurse, die insgesamt rund 900 Stunden umfassen. Die Finanzierung und die Wertschätzung jedes einzelnen Individuums beeindruckte die chinesischen Gäste. Frau Tong von der China Youth University for Political Science in Peking sagte am Ende: “Ich habe großen Respekt und bin vom Umfang der deutschen Jugendarbeit und ihrer Ausdifferenzierung sehr beeindruckt”. 

Neben der Behandlung des Schwerpunktthemas des Programms ergab sich auch immer wieder die Gelegenheit, im gemeinsamen Gespräch andere interessante Aspekte der Jugendarbeit beider Länder anzusprechen. “Sind eigentlich alle Teilnehmer der Pfadfinder freiwillig beigetreten?” Diese Frage beim Besuch des Stadtjugendrings in Wiesbaden machte auch Unterschiede deutlich. Die Jugendverbände in Deutschland sind für Jugendliche attraktiv, da sie hier sehr früh Verantwortung übernehmen und an der demokratischen Selbstverwaltung beteiligt sind, so die Vertreter des Stadtjugendrings. Der Delegationsleiter Xu verwies auf die über 130 Millionen Jungen Pioniere sowie 80 Millionen Mitglieder der Kommunistischen Jugendliga. Angesichts dieser großen Verantwortung und der Herausforderungen im Jugendbereich insgesamt ist die Qualifizierung von Fachkräften der Jugendarbeit zu einem bedeutenden Thema geworden. So wurde in China ein Studienfach ins Leben gerufen, das Fachkräfte für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ausbildet. Die Verbindung von Praxis und Theorie ist eine große Herausforderung.

Bei einem gemeinsamen Abendessen stand zum Abschluss der Austausch mit deutschen Jugendlichen im Vordergrund, die im Oktober an einem Austauschprogramm in China unter dem Motto “Respect Your Next: Hip-Hop-Kultur in China und Deutschland” teilgenommen hatten.

Delegationsleiter Xu erklärte im Gespräch mit IJAB, dass er sehr zufrieden sei: “Integration bleibt für uns als zentraler Begriff im Gedächtnis. Wir haben vor Ort viel gelernt und werden die Informationen zu Hause weiter gründlich studieren. Deutschland achtet sehr stark auf eine gesetzliche Grundlage seines Handelns. Und auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene wird dadurch garantiert, dass die Arbeit auch tatsächlich geleistet wird. Für die kurze Zeit war der Besuch sehr informativ. Es ist mein tiefster Wunsch, diese Arbeit fortzusetzen.”

INT 3.0 – Namensnennung CC BY 3.0
Dieses Werk ist lizenziert unter einer INT 3.0 – Namensnennung CC BY 3.0 Lizenz.
Menschen sitzen an einem Tisch und essen.
Über die Zusammenarbeit mit China

In Zusammenarbeit mit dem All-Chinesischen Jugendverband, dem zentralen jugendpolitischen Akteur Chinas, setzt IJAB Fachkräfteprogramme im Auftrag des Bundesjugendministeriums um. Erfahren Sie mehr über diese Kooperation und wie Sie daran teilhaben können.

Ansprechpartnerinnen
Annika Gehring
Referentin für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit
Tel.: 0228 9506-101
Elke Metzner
Sachbearbeitung
Kompetenzstelle Sprache
Tel.: 0228 9506-106