Andrea Rembold Andrea Rembold
Andrea Rembold von der Jugendagentur Stuttgart
Jugendinformation

Die Beratungsqualität ist gut

Erste Erfahrungen mit einer Online-Messe

In den letzten Monaten haben wir uns an Online-Meetings und Online-Seminare gewöhnt. Die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist dabei meist überschaubar und die technischen Anforderungen nicht übermäßig anspruchsvoll. Wie aber sieht es mit Großveranstaltungen – Messen beispielsweise – aus? Andrea Rembold von der Jugendagentur Stuttgart hat als Eurodesk-Partner an einer Online-Messe teilgenommen und IJAB von ihren Erfahrungen berichtet.

21.07.2020 / Christian Herrmann

ijab.de: Frau Rembold, Sie arbeiten für die Jugendagentur Stuttgart. Was macht die Jugendagentur?

Andrea Rembold: In Trägerschaft der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft machen wir ganz klassische Jugendinformation. Die Jugendagentur Stuttgart hat es sich zum Ziel gesetzt, relevante Informations-, Bildungs- und Beratungsangebote zu gewährleisten, um jungen Menschen im Alter von 12 bis 27 Jahren Lebensorientierung zu bieten und sie, insbesondere auf ihrem Weg des Erwachsenwerdens, zu unterstützen. Im Wesentlichen haben wir uns auf drei Themen fokussiert: StadtLeben – hier bieten wir bspw. unser beliebtes Stadtspiel mit Herz an, eine Möglichkeit Stuttgarts Innenstadt auf eine unkonventionelle und interessante Art und Weise kennenzulernen –, Wege in den Beruf und Wege ins Ausland. Für die Wege ins Ausland bin ich zuständig und als Jugendagentur sind wir auch Eurodesk-Partner.

ijab.de: Mit der Jugendagentur haben Sie an einer Online-Messe teilgenommen. Was haben wir uns darunter vorzustellen?

Andrea Rembold: Eine unserer Aufgaben ist die Beratung zu Auslandsaufenthalten auf Messen. Wir sind deshalb seit Jahren auf der stuzubi präsent, die jeweils im Frühjahr und im Herbst in Stuttgart stattfindet. Hinter dieser Schülermesse steht die Stuzubi GmbH, eine crossmediale Plattform zu den Themen Berufssorientierung und Karriereplanung. Die Veranstaltungen sind ziemlich groß, gut organisiert und junge Leute können dort direkt Kontakte zu Unternehmen knüpfen.

ijab.de: Als Folge der Corona-Pandemie sind alle Messen abgesagt worden, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern. Es fällt mir aber schwer, mir eine Online-Messe vorzustellen.

Andrea Rembold: Die Stuzubi GmbH hat ziemlich schnell reagiert und die geplante Messe für den März abgesagt. Zugleich haben sie angekündigt, die Messe digital stattfinden zu lassen und haben dafür das Startup Isardigtal gegündet, so dass bereits im April eine digitale Variante stattfinden konnte. Das war natürlich für alle Beteiligten ein Testlauf, aber wir hatten kompetente Ansprechpartner, die uns dabei unterstützt haben, unseren virtuellen Stand einzurichten und vorzubereiten. Über einen Livestream hatten wir dann Zeit für Vorträge und Präsentationen und konnten zudem in Einzelgesprächen beraten.

ijab.de: Wie wurde das vom Publikum angenommen?

Andrea Rembold: Ganz gut. Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten sich vorab kostenlos registrieren. Zuerst wurden 500 Tickets vergeben, dann hat man das auf 750 hochgesetzt und als es schließlich losging waren es über 1.000, die dabei sein wollten. Als Folge ist erstmal das ganze System zusammengebrochen. Die Veranstalter haben es aber schnell wieder ans Laufen bekommen. Bei unserer Präsentation hatten wir etwa 20 Zuhörerinnen und Zuhörer. Außerdem konnten wir in 3 Stunden 6 Einzelgespräche führen. Das ist natürlich ein Unterschied zu einer normalen Messe, denn dort führt man in 6 Stunden normalerweise zu zweit ca. 200 Gespräche. Das liegt sicher daran, dass es die übliche Situation am Stand online nicht gibt. Niemand drängt denjenigen, der gerade im Beratungsgespräch ist. Dafür sind die Online-Gespräche dann erheblich länger, sie haben im Schnitt ca. 20 Minuten gedauert.

ijab.de: Hatten Sie den Eindruck, dass diejenigen, die sich online haben beraten lassen, zufrieden waren?

Andrea Rembold: Was die Beratungsqualität angeht, habe ich ein gutes Gefühl. Aber wir hatten natürlich auch vermehrt junge Leute dabei, die aufgrund der Situation frustriert und hilflos waren. Einige waren bereits im Auswahl-Verfahren bei Au-pair-Agenturen oder kurz vor einer Zusage bei einem geförderten Freiwilligendienst und waren enttäuscht, dass sie nicht reisen konnten. Wir selbst waren durch die neue Situation ja auch überrascht worden und haben uns gefragt, was machen wir denn jetzt? Das war im April und niemand wusste, wie es weitergehen soll. Ich fand die Möglichkeit toll, dass wir in einem Moment, wo alles wegbrach, überhaupt beraten und über Perspektiven sprechen konnten.

ijab.de: Gibt es noch andere digitale Formate, die Sie erprobt haben?

Andrea Rembold: Ja, bei uns gibt es zum Beispiel eine Kooperation mit dem Studienkompass (Link: www.studienkompass.de), der von der Stiftung der Deutschen Wirtschaft gefördert wird. Junge Leute, die nicht aus Akademikerhaushalten kommen, können an diesem Förderprogramm teilnehmen und individuelle Unterstützung bekommen. Bei unserer Kooperation geht es darum, dass sie in passenden Formaten erfahren, welche Möglichkeiten ihnen im In- und Ausland offenstehen. Eine Referentin des Studienkompass hatte uns gebeten, schriftlich Fragen zu Corona zu beantworten. Wir haben uns dann dazu entschlossen, lieber ein Online-Seminar mit Impulsvorträgen, Frage- und Antwortrunden und interaktiven Elementen anzubieten. Und auch unsere Last-Minute-Börse bieten wir jetzt online an und beraten zu den noch oder wieder bestehenden Möglichkeiten von Auslandsaufenthalten.

ijab.de: Was wird von den Experimenten der letzten Monate bleiben?

Andrea Rembold: Was die Messen angeht, so müssen wir uns darauf einrichten, dass Großveranstaltungen entweder noch nicht möglich sind oder nur unter veränderten Bedingungen stattfinden werden. Von den Stuzubi-Veranstaltern höre ich, dass sie ihre digitale Messe weiterentwickelt und bereits für mehrere Städte angebote haben. Wir werden sicher unsere Online-Workshops fortsetzen und weiterentwicklen und wir sind gerade mit unseren Kooperationspartnern im Gespräch bspw. zu Online-Infoabenden. Es wird also einiges bleiben und unser bisheriges Angebot nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen. Was allerdings die individuelle Beratung angeht, da merke ich, dass die Jugendlichen lieber zu uns ins in die Jugendagentur kommen wollen und den persönlichen Kontakt schätzen.

Eine Frau Berät einen jungen Mann an einem Messestand
Über Jugendinformation

Ein Schwerpunkt, in dem IJAB mit Projekten wie Eurodesk und Netzwerken wie ERYICA aktiv ist, ist die Information und Beratung zu Auslandsaufenthalten für junge Menschen.