IJAB: Im November 2024 habt ihr als Jugenddelegierte am 12. Weltforum für Demokratie teilgenommen. Wie habt ihr davon erfahren?
Kostian: Ich habe vor ein paar Jahren über die Website des Europarats vom Weltforum für Demokratie erfahren. Ich war mir seiner Bedeutung und der Art der Themen, die jedes Jahr auf dem Forum behandelt werden, bereits bewusst. Besonders interessant fand ich die Tatsache, dass junge Menschen aktiv am Forum beteiligt sind und dass es ein offenes Bewerbungsverfahren für junge Menschen gibt. Das Thema für 2024, das sich auf Demokratie und Vielfalt konzentriert, hat mich sofort angesprochen. Ich hatte das Gefühl, dass es für die heutige Zeit äußerst relevant und wichtig ist. Das Bewerbungsverfahren selbst war recht gründlich und umfasste detaillierte Fragen zu unserem Werdegang, unserem Hintergrund und unserem Jugendengagement. Ich war begeistert, dass ich ausgewählt worden war - vor allem weil es über 2.000 Bewerbungen aus der ganzen Welt gab.
Etwa 70 Personen wurden für die Jugenddelegation ausgewählt, aber es waren auch weitere junge Menschen mit anderem Background und von anderen Organisationen dabei, so dass die Gesamtzahl höher war.
Miranda: Ich habe davon über eine dieser Webseiten erfahren, die Möglichkeiten und Angebote für junge Menschen veröffentlichen. Da ich weder aus der Politikwissenschaft noch aus Europa komme, waren mir die Arbeit des Europarats oder das Weltforums für Demokratie bis dahin nicht vertraut.
IJAB: Welche Rolle hattet ihr beim Weltforum inne? Was waren eure konkreten Aufgaben?
Miranda: Zuerst hatten wir zwei Vorbereitungstage mit vielen Aktivitäten. Wir wurden dazu ermutigt, uns gegenseitig und die Arbeit des Europarates kennenzulernen. Außerdem wurden wir darüber informiert, was während des Forums passieren würde und wurden zur kritischen Auseinandersetzung mit den Themen angeregt. Auf dem Forum waren wir Teil des Plenums und unsere Aufabe bestand darin, uns mit Beiträgen und Fragen einzubringen. Während der Vorbereitungstage drehte sich alles darum, wie wir den uns zur Verfügung gestellten Raum am besten nutzen.
IJAB: Kostian, während der Veranstaltung hattest du auch die Rolle des Jugendberichterstatters der Jugenddelegation inne? Auf der abschließenden Plenarsitzung hast du ein Gesamtresümee aus der Sicht der Jugend gezogen.
Kostian: Während der Vorbereitungstage diskutierten wir untereinander und wählten die jungen Leute aus, die die Rolle des Jugendberichterstatters und auch die der Diskutant*innen in den Labs und den Forumsgesprächen übernehmen sollten. Mir wurde die Ehre zuteil, als Jugendberichterstatter für das Weltforum ausgewählt zu werden. Ich hatte die wirklich wichtige Aufgabe, Informationen über die Arbeiten des Forums aus Jugendperspektive zu sammeln und einen Bericht[1] für den letzten Tag vorzubereiten. Meiner Meinung nach war dies sehr wichtig, weil es zeigt, wie das Weltforum für Demokratie junge Menschen einbezieht und aktiv beteiligt. Während ich die Rede vorbereitete, warf ich einen Blick auf die letztjährige Zusammenfassung des vorherigen Jugendberichterstatters, um zu überprüfen, wie die Empfehlungen des letzten Jahres umgesetzt wurden. Denn das ist die Bedeutung der Rolle des Jugendberichterstatters: den Fortschritt zu verfolgen, Rechenschaft zu gewährleisten und zu zeigen, dass die Stimmen der Jugend nicht nur gehört, sondern auch umgesetzt werden.
IJAB: Wie würdest du deine Erfahrungen als Jugendberichterstatter des Forums zusammenfassen?
Kostian: Wir hatten eine rekordverdächtige Anzahl von jungen Diskutant*innen. Es waren 22 junge Führungskräfte, die an den Forumsgesprächen und -labors teilnahmen, den Gesprächsfluss mitgestalteten und die Perspektive der Jugendlichen einbrachten, was für ein Forum dieser Größenordnung wirklich wichtig ist. Was die Veranstaltung noch eindrucksvoller machte, war die unglaubliche Vielfalt der Teilnehmenden. Die jungen Führungskräfte kamen nicht nur aus Europa, sondern aus der ganzen Welt und repräsentierten ein breites Spektrum an geografischen, sozialen und kulturellen Hintergründen. Die Jugenddelegierten kamen aus verschiedenen Bereichen, darunter Universitäten, politische Jugendorganisationen, NGOs und mehr.
IJAB: Miranda, wie bewertest du deine Erfahrungen hinsichtlich des Aspekts der Jugendbeteiligung?
Miranda: Für mich ist das ein Thema, bei dem ich während des Forums ein zwiespältiges Gefühl hatte.. Ich komme nicht aus der diplomatischen Welt, ich komme nicht aus der politischen Arbeit, also erlebte ich eine neue Art, über Themen zu sprechen, eine neue Art, sich an den Diskussionen zu beteiligen. Nicht nur, weil ich von einem anderen Kontinent und einer anderen Kultur komme, sondern auch, weil ich von einer sehr regionalen Universität komme. Ich hatte das Gefühl, dass auf dem Forum für Demokratie ganz andere Regeln für das Gespräch über Probleme galten. Daher empfand ich die Einzelgespräche, die ich in den Pausen führte, als bereichernder als die formellen Momente. Während der beiden Vorbereitungstage fühlte ich mich mehr ermutigt, mehr zum Nachdenken angeregt, weil ich das eher gewohnt bin als den formalen Raum, der mir gegeben wurde. Aber es war auch eine große Herausforderung; ich fühlte mich ein wenig klein, als ich diesen Führungspersonen Fragen stellte, und es war eine gute Gelegenheit, aus meiner Komfortzone herauszukommen. Außerdem war es ein Privileg, mit diesen einflussreichen und vielfältigen Akteuren, die sich für eine bessere Welt einsetzen, sprechen zu können.
IJAB: Der Titel des 12. Weltforums für Demokratie lautete „Demokratie und Vielfalt - Können wir Spaltungen überwinden?“ Was bedeutet das für euch persönlich?
Miranda: Da ich Anthropologie studiert habe, war ich schon immer sehr an Vielfalt und Kultur interessiert. In Bezug auf die Demokratie habe ich das Gefühl, dass meine persönlichen Erfahrungen und mein nationaler Kontext stark mit der Wertschätzung von Demokratie verbunden sind: Argentinien und Lateinamerika im Allgemeinen haben im 20. Jahrhundert viele Diktaturen erlebt und Demokratie ist etwas, das was wir erst vor Kurzem errungen haben – sie wurde uns nicht einfach geschenkt.