Das Beispiel Finnland und die Nordic Coalition on Youth, Peace and Security
Eigentlich begann alles in Finnland: Camilla Ojala, Gründungsmitglied der Nordic Coalition on Youth, Peace and Security und Expertin in Sachen Frieden und Sicherheit, stellte in ihrer Keynote „Potential of Youth, Peace and Security – YPS in Finnland and the Nordics“ beim 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit die nationale Implementierung der YPS-Agenda vor und beschrieb, welche Initiativen die Nordic Coalition on YPS selbst umsetzt und welche Schritte aus ihrer Sicht unternommen werden müssen. Es waren junge YPS-Akeur*innen aus Finnland, die 2011 ihre Forderungen auf UN-Ebene brachten, berichtet Camilla.
Finnland ging dann mit gutem Beispiel voran: 2018 war es der erste UN-Mitgliedstaat, der ankündigte, an einem National Aktionsplan zu Jugend, Frieden und Sicherheit (2021-2024)zu arbeiten – und das in enger Zusammenarbeit zwischen Jugendvertreter*innen und dem Auswärtigen Amt in Finnland. Dieser orientiert sich an den fünf Schlüsselprioritäten der UNSCR 2250: Partizipation, Schutz, Prävention, Partnerschaftlichkeit sowie Ausstieg, Abrüstung und Wiedereingliederung.
Zusammenarbeit ist hier besonders wichtig: Dafür bietet die YPS-Agenda einen gemeinsamen Rahmen und ein gemeinsames Netzwerk. Aus diesem Grund hat sich auch die Nordic Coalition on YPS aufgestellt – sie ist das Ergebnis des ersten Nordischen Jugendforums zu YPS, das vom 22. bis zum 24. September 2023 in Helsinki in Kooperation der UN-Jugend Finnland, der UN-Studierendenvereinigung von Norwegen und den Nationalen Kinder- und Jugendring von Schweden stattfand.
Der Blick nach Deutschland
Die YPS-Agenda ist notwendig und geboten – unabhängig von akuten bewaffneten Konflikten. Aus diesem Grund richteten die Teilnehmenden am 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit nach den Keynotes den Blick auf Deutschland und diskutierten unter anderem, welche Bedingungen es braucht, um die UN-Resolution 2250 effektiv in Deutschland zu implementieren. Welcher Beitrag kann hier zu demokratischer Teilhabe und nicht zuletzt der Resilienz von Demokratie(n) geleistet werden? Gibt es Bemühungen um einen Nationalen Aktionsplan auch in Deutschland? Konkrete Pläne gibt es laut Marthe Hanik, Referentin im Auswärtigen Amt (AA), aktuell nicht – dennoch sei das Thema sehr wichtig. Aus diesem Grund entsendet das AA UN-Jugenddelegierte und setzt flankierende Veranstaltungen zum UN-Zukunftsgipfel um. Deutschland kandidiert außerdem erneut für die Sicherheitskonferenz 2027-2028 und da wird YPS eine zentrale Rolle spiele laut Marthe Hanik.
Alina Reize ist eine von den jungen Delegierten zur UN-Generalversammlung (über die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, DGVN), die in den letzten Wochen sehr viel Austausch mit dem Auswärtigen Amt zum Thema YPS hatte. Ganz zufrieden zeigt sie sich aber nicht mit der aktuellen Situation: „Wenn Jugend auf der Agenda steht, werden wir eingeladen, aber ansonsten nicht so gerne…“, äußert sie und fragt, warum junge Menschen zum Beispiel nicht auch am Sicherheitsrat beteiligt werden bzw. wenn es darum geht, eine nationale Sicherheitsstrategie zu entwickeln. Für Alina ist es ganz klar: „Die Marginalisierung von jungen Menschen widerspricht dem Gedanken der Friedenssicherung“.
Die jungen YPS-Akteur*innen sind sich einig: Die Beteiligung von jungen Menschen bei Themen, die sie betreffen, muss kontinuierlich sein, und nicht nur für den Augenblick, wenn „Jugend“ auf der Agenda steht. „Jugend, Frieden und Sicherheit muss in die Breite gehen und in die Breite gehen können“ – so Alina Reize. Dazu braucht es Infrastruktur, „Institutionalisierung“ wie Carolina fordert in ihrem Beitrag „Youth, Peace & Security. Young People as Drivers of Change & Agents of Peace“ in NATO Women, Peace and Security Bulletin (2013).
Lokale Friedensarbeit auf die Weltbühne tragen
Judith Böckle, Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands e. V. (KLJB) machte auf dem Podium darauf aufmerksam, dass vielleicht nicht alle 70.000 Mitglieder ihrer Organisation die Resolution 2250 kennen, aber bereits sehr viel Friedensarbeit leisten; auf den ersten Blick ist das auf der großen weiten UN-Ebene vielleicht nicht als friedenssichernd zu sehen, dennoch findet wichtige Friedensarbeit statt. „Da, wo junge Menschen spüren, dass sie wirksam sind, da bleiben sie auch. Die erreicht man dann, aber dafür braucht man Finanzierung“, beschreibt sie die bedeutungsvolle Zusammenarbeit der KLJB. Ja, ‚Gesehen werden‘ – das brauchen junge Peacemaker*innen. Die Sichtbarkeit friedenstiftender Aktionen muss gestärkt werden. Eine nationale Agenda für Jugend, Frieden und Sicherheit könnte dazu beitragen, das Engagement zu bündeln und nach oben zu tragen – von lokal auf die weite Weltbühne.
Die Zukunft von Jugend, Frieden und Sicherheit: Der UN-Zukunftspakt
Nur wenige Tage nach dem Bundeskongress in Potsdam fand in der New York der Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen statt. Im dort am 22. September 2024 verabschiedeten Zukunftspakt wurden unter Kapitel 2 zu Frieden und Sicherheit in Aktion 20 die in der UNSCR 2250 festgehaltenen Vereinbarungen bekräftigt: „Wir werden die Umsetzung unserer Verpflichtungen in den Bereichen Jugend, Frieden und Sicherheit beschleunigen“, heißt es dort. UN-Generalsekretär Guterres verpflichtet sich darin unter anderem zum Ende der 80. UN-Generalversammlung in 2025 den zweiten unabhängigen Fortschrittsbericht zu Jugend, Frieden und Sicherheit vorzulegen.
IJAB bleibt am Thema Youth, Peace and Security dran, auch weil 2025 vor der Tür steht: Rund um den 8. Mai 2025, dem 80. Jahrestag der Kapitulation, wird IJAB gemeinsam mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk und den anderen bilateralen Förderstellen junge Menschen aus Europa zusammenführen, um unter anderem darüber zu sprechen, wie die Internationale Jugendarbeit dazu beitragen kann, dass die Rolle von jungen Menschen als Friedensakteur*innen gestärkt wird.
Der erste und letzte Fortschrittsbericht unter dem Titel „The missing Peace: Independent Progress Study on Youth, Peace and Security“ ist 2018 erschienen: https://www.youth4peace.info/ProgressStudy.