Ein Feuerwerk an diskutierten Themen
Das Konzept der Jahrestagung sieht mehrere Formate der Mitwirkung von Fachkräften vor:
In sogenannten Peer Cafés konnten die Teilnehmenden im Sinne des kollegialen Austauschs ihre eigenen Ideen einbringen und weiterentwickeln. Viele Themen wurden im Vorfeld eingereicht und schließlich in Themeninseln geclustert:
- Räume für schwierige Themen und Umgang mit Emotionen
- Psychische Gesundheit in der Internationalen Jugendarbeit
- Partizipation und Einbindung von jungen Menschen
- Neue Zielgruppen ansprechen und erreichen
- Vernetzung & (internationale) Partnerschaften
- Storytelling: Inspirierende und herausfordernde Praxiserfahrungen
- Wirksam?! – Wirkungsevaluation in der Internationalen Jugendarbeit
- Absicherung und Anerkennung der Internationalen Jugendarbeit durch Lobbyarbeit?
- Praxiserfahrungen mit Digitalisierung und KI
- Fehlerkultur und Wissenstransfer
- Politische Verantwortung der Internationalen Jugendarbeit
- Ansätze politischer Bildung zur Demokratieförderung und Prävention von Radikalisierung
Die Unwägbarkeiten demokratiefeindlicher Tendenzen beschäftigten die Fachkräfte in der Themeninsel „Politische Verantwortung der Internationalen Jugendarbeit“, auch im Hinblick auf die Frage, wie das Potenzial politisch bildend zu wirken genutzt werden kann, wenn Fördermittel gestrichen werden und Strukturen schrumpfen. Betont wurde, das politische Bildung kein Selbstläufer sei. „Fachkräfte müssen befähigt werden, mit komplexen Situationen umzugehen und partizipative Prozesse zu gestalten.“, so eine Stimme aus den Peer-Cafés. Auch die Langzeitwirkung solle stärker in den Fokus rücken. Gleichzeitig böten Begegnungen von Natur aus bilaterale Perspektiven, die genutzt werden könnten, um politische Bildung innovativ weiterzuentwickeln.
Bei den Spotlights – einem marktähnlichen Setting – gab es viel Raum, um die Themen zu vertiefen oder über andere Aspekte miteinander ins Gespräch zu kommen, sich gezielt über Programme und Projekte zu informieren und zu vernetzen. Ob zu Qualifizierung von Fachkräften, Inklusion in der Internationalen Jugendarbeit oder Finanzierungsmöglichkeiten – das breite Angebot wurde gut genutzt. Eine bereichernde Gelegenheit zum Austausch boten auch die informellen Gespräche zwischen den Programmpunkten. Das Fazit einer Teilnehmerin fasst die Ausrichtung des Tages gut zusammen: „Heute war richtig viel Demokratie!“
Vertiefung mit Substanz in den Thematischen Workshops
Am zweiten Tag der Veranstaltung konnten die Teilnehmenden aus fünf Workshop-Themen wählen.
- Workshop 1: Inklusive Projektgestaltung in der Internationalen Jugendarbeit:
Referentinnen: Ulrike Werner (IJAB) und Hanna Schüßler (JUGEND für Europa)
In intensiven Gesprächen wurde erarbeitet, wie inklusive Projekte gestaltet werden können. Inklusion bleibt – auch bei Überlagerung durch andere aktuelle Herausforderungen – ein Dauerthema und sollte grundlegend in Austauschformaten und -förderungen verankert sein, anstatt sich bei der Teilnehmenden-Akquise auf Personen mit Förderbedarf auszurichten.
- Workshop 2: Künstliche Intelligenz in der Internationalen Jugendarbeit verantwortungsvoll und kreativ nutzen
Referentin: Brigitte Binder (freiberufliche Trainerin KI for Good)
Der Fokus des Workshops lag vor allem darauf, die Chancen und Risiken von KI zu verstehen und einen verantwortungsvollen Umgang damit zu finden. Die Teilnehmenden konnten sich spielerisch mit dem Thema auseinandersetzen, indem sie ein KI-Tier erschufen. Da die Technologie serviceorientiert, aber nicht wahrheitsorientiert sei, solle ihr Einsatz kritisch hinterfragt und beispielsweise der Datenschutz beachtet werden.
- Workshop 3: Sichtbar handeln! Gegen Antisemitismus
Referentin: Ilira Aliai (ConAct – Deutsch-Israelischer Jugendaustausch)
Der Workshop zielte darauf ab, für das Thema Antisemitismus im Alltag zu sensibilisieren und motivierte die Teilnehmenden, aktiv dagegen vorzugehen. Die Referentin zeigte anhand von konkreten Fallbeispielen aus der Praxis auf, wie wichtig es ist, eine bewusste Haltung einzunehmen und sich mit Betroffenen zu solidarisieren. Sie gab zentrale Tipps zur Sichtbarmachung und regte an, die eigene Rolle in der Gesellschaft zu reflektieren. Dabei verwies sie auf die Handreichung, die für Alltagssituationen tauglich ist. Wer sich mehr mit dem Thema auseinandersetzen will, ist herzlich eingeladen zum Diskursprojekt von ConAct und IJAB. Die Anmeldung ist noch bis zum 16. März 2025 möglich.
- Workshop 4: Wie begegnen wir den aktuellen „politischen“ Herausforderungen in der Internationalen Jugendarbeit?
Referent*innen: Aurélien Durbec (IKAB) und Maria Acs (freiberufliche Prozessbegleiterin)
Der Workshop widmete sich der Formulierung und Aushandlung von Kontroversen – mit dem Ziel Auseinandersetzungen auszuhalten und Dynamik in der eigenen Meinungsbildung zuzulassen. Nach einiger Aushandlung legten die Teilnehmenden sich auf folgende Kontroverse fest: „Die Internationale Jugendarbeit trägt nicht zu Demokratiebildung, Vorurteileabbau und Frieden bei.“ Mit der Methode „Bewegte Diskussion“ kam buchstäblich Veränderung in die Meinungsbildung der Teilnehmenden: Je nach vorgetragenem Argument bewegten diese sich auf einem Kontinuum Schritt für Schritt von Pro nach Contra oder umgekehrt. Trotz lebhafter Diskussionen wurde auch anerkannt, dass die Internationale Jugendarbeit einen Beitrag zur Demokratiebildung leisten kann.
- Workshop 5: Kompetente Fachkräfte durch gute (internationale) Netzwerke
Referent*innen: Rita Bergstein (JUGEND für Europa) und Maximilian Deinlein (FAU Nürnberg-Erlangen)
Die Teilnehmenden analysierten bestehende Netzwerke und diskutierten, wie diese effektiver genutzt werden können. Begriffe und Strukturen wurden reflektiert, wobei der Fokus auf Kompetenzgewinn und die Definition von Netzwerkgrenzen lag.
Blick nach vorn mit Inspiration und Motivation
IJAB und JUGEND für Europa haben 2025 viel vor: Mit einem Ausblick zeigten JUGEND für Europa-Senior Referentin Rita Bergstein und IJAB-Geschäftsbereichsleiterin Mareike Ketelaar, wie die von den Teilnehmenden angesprochenen Herausforderungen in beiden Organisationen angegangen werden. In Bezug auf die Sorge um eine sichere Finanzierung stehen bei JUGEND für Europa Verhandlungen bei der neuen Programmgeneration an, die Anerkennung der Internationalen Jugendarbeit auf politischer Ebene wird mithilfe des Aktionsmonats #internationalheart im September in den Blick genommen, junge Zielgruppen werden beim Jugendbeirat von JUGEND für Europa einbezogen und ein vielfältiges Angebot an Qualifizierungsmöglichkeiten steht beispielsweise bei IJAB zu Inklusion zur Verfügung. Eine selbstbewusstere Interessensvertretung des Arbeitsfeldes, wie im Rahmen der Kinder- und Jugendplan-Initiative 2024 sichtbar geschehen, sollten sich alle Kolleg*innen aus dem Arbeitsfeld zutrauen.
„Mit der Internationalen Jugendarbeit und der internationalen Perspektive sind wir genau die Richtigen, um uns mit Zuversicht für die Demokratie einzusetzen. Meine Zuversicht ist da!“, betonte Ketelaar in ihren Abschiedsworten – ein Gedanke, der mit viel Applaus aufgenommen wurde. Einigkeit herrschte auch bei den teilnehmenden Fachkräften am Ende der Tagung darüber, dass trotz aller Herausforderungen Optimismus und Motivation gefragt sind und sie genau das sowie viel Inspiration von der Jahrestagung mitnehmen.
Die Veranstalter danken allen Beteiligten für ihre vielfältige Mitwirkung und freuen sich auf ein Wiedersehen spätestens im Jahr 2026.