DAP: Praktikumsberichte aus den USA

Praktikum an der German International School Boston

Zwischen Deutschlandtrikots und Harvard-Hoodies

Pauline Heckert hat mit Unterstützung des Deutsch-US-Amerikanischen Praktikumsprogramm (DAP) von Februar bis Juni 2024 ein Praktikum an der German International School Boston absolviert. Hier erzählt sie von Alltag und Erfahrungen innerhalb und außerhalb der Schule.

28.02.2025 / Pauline Heckert

Als ich zum ersten Mal durch die roten Eingangstüren des Hauptgebäudes der „German International School Boston“, kurz GISB, trat, stieg in mir das Gefühl der Vorfreude auf die kommenden fünf Monate Praktikum an dieser Schule auf. Die Schule ist eine Privatschule, an der Schüler*innen von der 1. bis zur 12. Klasse nach deutschen Standards unterrichtet werden und die Schule sowohl mit dem deutschen Abitur, als auch dem amerikanischen Schulabschluss verlassen können. Die Unterrichtssprache an der Schule ist Deutsch und sie hat viele Schwerpunkte, unter anderem auch Musik, weswegen ein Praktikum zu meinem Lehramtsstudium mit den Fächern Deutsch und Musik an der TU-Dortmund mir sehr bereichernd schien. Die Schule wirkt durch das urige Gebäude, bestehend aus viel Holz, durch die kleinen Klassengrößen von durchschnittlich 8-12 Schüler*innen und das aufgeschlossene und äußerst freundliche Kollegium sehr familiär und ich habe mich ab dem ersten Tag sehr willkommen gefühlt. Ich hatte einen Mentor in dem Fach Deutsch und eine Mentorin in dem Fach Musik, die ich im Unterricht begleitet, unterstützt und nach Absprache Unterricht für die entsprechenden Lerngruppen vorbereitet habe. So durfte ich in Deutsch in der 9. Klasse zu Lutz Hübners Theaterstück „Das Herz eines Boxers“ eine ganze Unterrichtsreihe selbstständig planen und durchführen, was wir mit einer Anfertigung einer Fotostory abgeschlossen haben. Durch die eigenständige Vorbereitung und Ausführung konnte ich neue und kreative Unterrichtsmethoden ausprobieren, die ich mir überlegt hatte und die den Schüler*innen oftmals sichtlich Freude bereitet haben. Aber auch beim Hospitieren in den anderen Klassen versuchte ich Schüler*innen mit sprachlichen oder inhaltlichen Problemen zu helfen und blieb dabei ständig mit meinem Mentor im Austausch, um den eigenen Wissensstand zu erweitern. In Musik konnte ich die Schüler*innen durch meine instrumentalen Fähigkeiten unterstützen und so für Sicherheit sorgen. Ebenso in Musik durfte ich eigene Unterrichtsstunden zum Thema „Filmmusik“ für die 4. Klasse vorbereiten und musste mich, neben einer neuen Thematik, auf ein anderes Lernalter einstellen. Nach ein paar Stunden haben wir uns aber gut aufeinander eingestellt und lauschten zu Gänsehaut-Melodien von John Williams oder Hans Zimmer. Im Orchester der Schule half ich jeden Donnerstag mit und durfte Proben leiten und dirigieren, was ich in der Praxis zuvor noch nicht gemacht habe, der Einstieg war jedoch durch die offene Art der Schüler*innen sehr einfach. Teilweise war das bilinguale Schulsystem der GISB sprachlich sehr herausfordernd für mich, da die Schüler*innen ganz unterschiedliche Sprachniveaus haben oder oft nach Übersetzungen gefragt wird, die man selbst als Lehrperson nicht weiß. Aber auch dort wurde der Umgang mit der Zeit selbstbewusster. 

Die Einstellung und Lernatmosphäre an der GISB würde ich persönlich schon als different zu der mir Bekannten an deutschen Schulen beschreiben, da die Schüler*innen sehr frei in ihren Arbeitsweisen sind und einige mir bekannte Regelungen fehlten, woran ich mich zunächst gewöhnen müsste. An der GISB wird prinzipiell Deutsch gesprochen, Konferenzen und anderen Meetings sind durch internationale Lehrkräfte natürlich in der Landessprache. Dies stellte mich manchmal vor die Herausforderung, dass Wortbeiträge in Konferenzen oder Fortbildungen aufgrund fehlenden Vokabulars nicht oder nicht ausführlich formuliert wurden. Verstanden habe ich jedoch inhaltlich alle Anmerkungen und Ergänzungen. Nach einiger Zeit habe ich mich auch mehr getraut, da das Umfeld super entspannt damit umgegangen ist, auch wenn mal nicht jedes „s“ bei he, she, it mitgenommen wurde. 

Meine Erwartungen wurden komplett erfüllt und ich war begeistert, was wir Praktikantinnen alles im Rahmen des Praktikums erleben durften: Wir durften die „Skiweek“ begleiten und zusammen mit den Schüler*innen in der Nähe von Boston Ski fahren. Ich besuchte zusammen mit der 11. Klasse die „Boston University“ und war erstaunt, wie teuer die Studiengebühren in den USA sind. Wir feierten Karneval, den Teachers-Appreciate-Day und den Abiball, erlebten die Sonnenfinsternis, einen Snowday (an dem die Schule ausfiel, obwohl kein Schnee lag) und den Auftritt eines tollen Percussion-Ensembles in der Aula und feuerten die Schüler*innen bei den Bundesjugendspielen und bei der Aufführung des Theaterstücks „Momo“ an. Der Schulalltag an der GISB ist bunt gestaltet und es wird einem wirklich nie langweilig. Neben den Highlights hatten meine Kolleg*innen und Vorgesetzten immer ein offenes Ohr und ich konnte mit jeder Frage oder Problem zu ihnen kommen und wir fanden immer eine Lösung. Die GISB kann ich definitiv für angehende Lehrer*innen oder Erzieher*innen (es gibt auch einen Kindergarten) empfehlen! Freut euch auf eine aufregende, abwechslungsreiche und familiäre Zeit – ihr fühlt euch direkt wie zu Hause und bei mir sind am Ende des Praktikums auch ein paar Tränchen geflossen. 

Ich bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung an einer bilingualen Schule gemacht habe, da die Zeit mir viel über den Umgang mit Deutsch als Zweit- und Fremdsprache im (Schul-) Alltag gelehrt hat. Insbesondere heutzutage im Zeitalter der Globalisierung und leider auch der Kriege finde ich dies unumgänglich. Des Weiteren ist die GISB für mich ein sehr positives Beispiel für eine Schule mit einer tollen Schulgemeinschaft, in der die Atmosphäre viel vertrauter und harmonischer wirkt als an den mir bekannten Schulen. Ich hoffe, dass ich diese Eindrücke auf meine weiteren Praxisphasen anwenden und transferieren kann, sodass meine Zeit an der GISB mich und mein Tun nachhaltig prägt.

Ich lebte in meiner Zeit in Boston bei einer Gastfamilie, deren zwei Söhne auch auf die GISB gehen. Die Aufregung war sehr groß, als ich am Flughafen in Boston gelandet bin, ich wurde dann aber sehr herzlich empfangen und war von dem modernen und lichtdurchfluteten Haus beeindruckt, weswegen mir die Ankunft und das Einleben recht einfach fielen. Mein Wohnort war in unmittelbarer Nähe zum Harvard Campus und zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, sodass ich in den ersten Tagen zusammen mit den anderen Praktikantinnen die Stadt erkunden konnte. Wir waren sehr begeistert von der Schönheit der Stadt, der Freundlichkeit der Menschen, dem leckeren (meist ungesundem) Essen und fühlten uns sofort wohl. Als das Praktikum begann, nahm ich jeden Morgen die Kinder der Familie im Auto mit zur Schule, bevor sich unsere Wege innerhalb des Schulgebäudes trennten. Nach dem Schultag, der meistens bis 14:10 Uhr ging, brachte ich die Jungs manchmal noch zu ihren Hobbies, spielte Fußball, backte Pizza oder brachte sie abends ins Bett. Ich hatte aber auch viel Freizeit und machte einen Bummel durch die Stadt, einen langen Spaziergang an meinen Lieblingsorten wie dem Meer oder einem der Parks, traf mich mit Freund*innen oder besuchte viele Veranstaltungen. Zusammen besuchten wir einige typisch amerikanische Sportveranstaltungen wie ein Basketballspiel, ein Baseballspiel oder ein Eishockeymatch. Wir nahmen an Festen wie der St. Patricks Parade, der Pride Parade oder dem Pizza Festival teil. Ich selbst wollte auch viel Kultur erleben und besuchte viele Konzerte, Museen und Ausstellungen und war begeistert von dem umfangreichen Angebot. In Boston ist immer etwas los. Mein Highlight waren meine Ausflüge in die Stadt, die niemals schläft: New York City! Durch die gute Anbindung ist man in 4 Stunden dort und ich habe mich während meines Aufenthalts in diese kunterbunte, schillernde, atemberaubende Stadt verliebt, weswegen sie neben Boston ganz nach oben auf meiner Top-Städte-Liste gerutscht ist. 

Während meines Aufenthalts in den USA ist mir aufgefallen, dass das Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit anders erscheint als in Deutschland: In Amerika gibt es ein viel größeres Bewusstsein für die Work-Life-Balance und die Menschen schreiben der Arbeit eine andere Bedeutung zu als es mir aus Deutschland bekannt ist. In Boston stehen den Menschen nach der Arbeit viel mehr kulturelle und kulinarische Angebote zur Verfügung, um den Abend mit ihren Freund*innen ausklingen zu lassen, die auch angenommen werden. Mir ist bewusst, dass dies wohlmöglich kein Abbild der gesamten Gesellschaft ist, aber mir ist es schon aufgefallen, dass die Menschen im Allgemeinen zufriedener, kommunikativer und freundlicher wirken als es mir aus Deutschland geläufig ist. Ein Beispiel hierfür war mein erster Besuch eines Supermarktes, wo die Verkäufer*innen an der Kasse gut und gerne einen Small-Talk mit dir anfangen und sogar deine Tüten einräumen, worüber ich sehr überrascht war. Überrascht war ich ebenfalls von den sehr hohen Lebenshaltungskosten in Boston. Dank der Gastfreundschaft der Familie, musste ich keine Miete zahlen, meine Kosten pro Monat für Lebensmittel, das ÖPNV-Ticket, Eintrittsgelder und alle weiteren Ausgaben beliefen sich trotzdem auf rund 1500 €. Nach dem Praktikum habe ich noch für zwei Wochen Urlaub in New York, Washington, Key Largo (Florida) und Miami gemacht, was natürlich auch nicht umsonst war. Das Thema der hohen Kosten für das Wohnen, Versorgung und auch für die Bildung haben mich in meiner Zeit schon beschäftigt: Boston ist eine unfassbar teure Stadt und die Menschen arbeiten hart und fleißig, um sich einen gewissen Lebensstandard in der Stadt zu ermöglichen. Auch den Heranwachsenden ist es bewusst, dass Schulbildung an einer Privatschule (wie der GISB) einen gewissen Preis hat (um die 30.000 $ pro Schuljahr) und dass die Eltern für diese Kosten im Gegenzug eine entsprechende Leistung erwarten. Gleichermaßen wird von den Lehrer*innen erwartet, dass diese ihren Job so gut machen, dass gute bis sehr gute Leistungen erbracht werden können. Viele Schüler*innen und Lehrer*innen stehen deswegen unter enormen Druck. An der Boston University wurden wir darüber informiert, dass ein Jahr über 80.000 $ Studiengebühren kostet, wodurch mir bewusst wurde, wie glücklich Studierende sich in Deutschland schätzen können, dass das Bildungssystem (finanziell gesehen) so viel zugänglicher ist. Generell erachte ich das Aufwachsen und Leben junger Menschen in Deutschland als unbeschwerte, obwohl auch hier eine Pauschalisierung natürlich nicht getroffen werden kann und ich von meinen Erfahrungen spreche. Ich habe mit ein paar US-Amerikaner*innen über Themen wie Krankenversicherung oder Altersvorsorge gesprochen und mir ist aufgefallen, dass diese Bereiche nicht so leicht zugänglich und selbstverständlich sind, wie ich es gewohnt bin. Dennoch sind sie stets positiv und nehmen an vielen Unternehmungen teil, um das gesellschaftliche Leben in der jeweiligen Stadt zu erleben. Insbesondere bei Sportvereinen gibt es große Freundesgruppen, die sich gegenseitig unterstützen, was mir in Deutschland nicht bekannt ist. Ich habe tolle Menschen kennengelernt und möchte die Beziehungen nicht mehr missen.

Ich würde jeder Person, die ein Praktikum in den USA macht, diese folgenden drei Dinge empfehlen: 

1. Unternehmt so viel wie ihr nur könnt! Es gibt großartige Apps wie Joyraft, die euch einen Überblick über Veranstaltungen in eurer Stadt gibt. Ganz viel ist sogar kostenlos, aber niemals umsonst! Auch über soziale Medien wie Instagram oder TikTok werden gute Tipps für Veranstaltungen geteilt. 

2. Plant genug Geld ein! Es wäre schade, wenn ihr nicht ins Musical gehen könntet oder den neusten Food-Trend nicht probieren könntet, weil euer Geld nicht mehr reicht. Auch Ausflüge in andere Städte oder Tagesausflüge in die Natur (in Key Largo sind Delphine beim Jet-Ski fahren direkt neben uns hergeschwommen) kosten Geld, aber lohnen sich umso mehr. Amerika ist wirklich ein Land mit unbegrenzten Möglichkeiten und die sollten nicht am Geld scheitern. 

3. Besucht New York City! Diese Stadt ist einmalig und ich finde, dass man sie gesehen haben muss, bevor es zurück nach Deutschland geht. Meine Top-Empfehlungen: Die Aussichtsplattform auf dem Rockefeller-Center, eine Fahrradtour durch den Central Park, das 9/11 Museum, die High-Line, Joe’s Pizza und ein Musicalbesuch (über die Online-Ticketlotterie kommt man ziemlich günstig an Karten). Wo wir schon beim Thema sind: Mein Musiktipp für den Hinflug ist das Album des Broadway-Musicals „Hamilton“, welches ich zweimal in New York besucht habe. Es ist keine typische Musical-Musik – es wird stattdessen viel gerappt, klingt eher wie ein Hip-Hop Album und versprüht eine großartige Energie. Inhaltlich behandeln die Songs des Musicals die Unabhängigkeitserklärung der United States of America aus dem Jahr 1776, sodass die Zuhörer*innen thematisch auf Amerikas Geschichte eingestimmt werden. In Boston und New York kann man beispielsweise viele angesprochene Szenen des Musicals anhand von Skulpturen, Straßenschildern und Denkmälern wiedererkennen. Ich habe die Songs sowohl auf meinem Hinflug, in meiner Zeit vor Ort, als auch auf meinem Rückflug und jetzt in der Zeit nach dem Praktikum rauf- und runtergehört, da der Vibe und der Inhalt des Musicals optimal zu dem der Städte und meiner Stimmung gepasst hat. Hört es euch an, dann versteht ihr hoffentlich, was ich meine! 

Ich hatte eine ganz tolle, aufregende und lehrreiche Zeit an der GISB und in Amerika, habe viel über das Land, die Leute und über meine eigenen Kompetenzen gelernt und werde mich immer an diese prägende Zeit zurückerinnern.  Jetzt bleibt mir nichts mehr zu sagen außer: „Have a good one!“

Du sucht ein Stipendium für dein Auslandspraktikum?

Mit dem DAP fördert IJAB selbst organisierte, freiwillige Praktika in den USA von 2 bis 12 Monaten.

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Ansprechpersonen
Elena Neu
Referentin für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit
Tel.: 0228 9506-105
Julia Weber
Referentin für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit / Sachbearbeitung
Tel.: 0228 9506-165