Thema der Ausschreibung
Soziale Netzwerke sind aus dem Alltag der Menschen sowohl in Deutschland als auch in der Türkei nicht mehr wegzudenken. In sozialen Netzwerken treffen sich Menschen aus aller Welt, die vielen Möglichkeiten zur Vernetzung faszinieren Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Längst ist auch in den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe die Nutzung von Social Media selbstverständlich. Soziale Medien sind zu wichtigen Plattformen für junge Menschen geworden, um sich darzustellen und sich in der Peer Group zu positionieren. In den meist erwachsenenfreien Räumen können sich Jugendliche ausprobieren, ohne elterliche Bewertung oder Sanktionen befürchten zu müssen.
Natürlich bergen soziale Medien auch einige Gefahren. Viele Jugendliche, aber auch Erwachsene, leiden unter „Fear of Missing Out (FOMO)“. Das bedeutet, sie haben Angst etwas zu verpassen und verbringen daher sehr viel Zeit in den sozialen Medien. Außerdem wirft auch der Datenschutz beziehungsweise der Schutz der Privatsphäre immer wieder Fragen auf. Immer häufiger sind Cybermobbing, Hatespeech oder Bodyshaming ein Thema. Mit Fakenews und Desinformationskampagnen ist in den letzten Jahren ein weiteres Thema hinzugekommen. Während der Corona-Pandemie hat sich zudem die Suchtproblematik im Zusammenhang mit der Internetnutzung verschärft: Einer Studie der Krankenkasse DAK und des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf zufolge zeigen inzwischen über 6 % der Kinder und Jugendlichen ein Suchtverhalten im Umgang mit Computerspielen und sozialen Medien. Seit Jahren liegt daher in Deutschland ein jugendpolitischer Schwerpunkt auf der Vermittlung von Medienkompetenz, d.h. der Befähigung, Schulung und Aufklärung von Kindern und Jugendlichen, Lehrpersonen, Eltern und Fachkräften in der Nutzung von Internetangeboten.
In der Türkei lebt ein hoher Prozentsatz junger Menschen, der Altersdurchschnitt der Bevölkerung liegt bei 30 Jahren. In punkto Digitalisierung ist die Türkei im internationalen Vergleich ein hochmodernes Gemeinwesen. Die Zahl der Internet-Nutzerinnen und Nutzer lag Anfang 2020 bei 63 Millionen. Laut dem staatlichen Statistikinstitut (TurkStat) loggen sich über 80 Prozent der Männer und knapp 70 der Frauen regelmäßig ins Netz ein. Der Informationsdienst Bianet berichtet, bei der täglichen Verweildauer im Internet liege die Türkei weltweit unter den 15 Top-Nutzern. Über 90 Prozent dieser Internet-Nutzer*innen sind regelmäßig in sozialen Netzwerken aktiv. Nach dem Rundfunkanbieter AY YILDIZ nutzen die Menschen sowohl in Deutschland als auch in der Türkei das Smartphone mittlerweile häufiger für Datendienste als zum Telefonieren. Während in Deutschland die Smartphone-User verstärkt Nachrichtenportale, Routenplaner und Terminplaner nutzten, sei in der Türkei der Kurznachrichtendienst Twitter die beliebteste Anwendung. Social Media haben in der Türkei laut dem Reuters Institute Digital News Survey das Fernsehen als meistgenutzte Nachrichtenquelle abgelöst. Gleichzeitig fürchten jedoch auch 62% der Nutzer*innen von Informationsdiensten dort die Verbreitung von falschen und irreführenden Informationen.
Eine geradezu lebenswichtige Rolle können soziale Netzwerke und Messengerdienste in einem völlig anderen Kontext spielen. Im Katastrophenfall, wie unlängst nach dem großen Erdbeben in der Türkei und Syrien, funktionieren Social Media nämlich selbst dann, wenn kaum noch Bandbreite zur Verfügung steht. Es gibt unzählige Berichte von Menschen, die mit ihrem Smartphone Hilfe rufen oder ihren Standort teilen konnten. Online wurde Hilfe organisiert und Bilder und Videos der Katastrophe in Sekundenschnelle mit der ganzen Welt geteilt.
Das Programm
Das deutsch-türkische Fachprogramm „Jugendmedienkompetenz“ findet vom 29.10. – 03.11.2023 in Ankara und in der ersten Jahreshälfte 2024 in Deutschland statt. Beide Programmteile finden mit der gleichen Fachkräftegruppe statt, die sich zu gleichen Teilen aus Fachkräften aus der Türkei und aus Deutschland zusammensetzt. Ziel ist zum einen der deutsch-türkische Austausch zwischen Beschäftigten im Jugendbereich. Zum anderen dient das Programm den Fachkräften aus beiden Ländern einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema Jugendmedienkompetenz. Dabei gewinnen die Gruppenmitglieder durch die Präsenz der ausländischen Kolleg*innen eine neue Perspektive auch auf die Praxis im eigenen Land Die Programmteile in der Türkei und in Deutschland bauen aufeinander auf. Eine Teilnahme nur an einem Teil ist nicht möglich.
Das Programm in Ankara ist im groben wie folgt geplant. Die mit der Anmeldung benannten Interessensschwerpunkte der Teilnehmenden werden bei der Organisation der einzelnen Programmpunkte soweit möglich berücksichtigt.
Programmablauf Türkei
29. Oktober
- Vorbereitendes Treffen der deutschen Gruppe und anschließender gemeinsamer Flug nach Ankara (Ort wird später bekannt gegeben, evtl. Vorabendanreise möglich)
- Erstes informelles Treffen mit den türkischen Kolleg*innen
30. Oktober – 02. November
- Kennenlernen der Teilnehmendengruppe und Einführung in das Programm
- Besuche in Strukturen der Jugendarbeit vor Ort: Jugendzentrum, Schule, Jugendprojekte und andere
- Fachinformationen und Gespräche mit den zuständigen Ministerien, Wissenschaft und Verwaltung
- Diskussionen zu Fachthemen in der deutsch-türkischen Gruppe
03. November
- Rückflug (private Verlängerung unter Umständen und nach Rücksprache möglich)
Programmablauf Deutschland
Die Inhalte des Programms in Deutschland stehen noch nicht fest. Am Ende des Programms in der Türkei besteht die Möglichkeit, die Programmschwerpunkte für Deutschland gemeinsam festzulegen.
Der Fachkräfteaustausch ist Teil der jugendpolitischen Kooperation zwischen dem deutschen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Ministerium für Jugend und Sport der Türkei (GSB). Er wird organisiert und begleitet von IJAB und einer Vertreterin des GSB. Simultanübersetzung Deutsch/Türkisch ist vorhanden. Türkisch- bzw. Englischkenntnisse sind keine Voraussetzung, aber für die direkte Kommunikation mit den türkischen Kolleg*innen sehr von Vorteil.
Kosten und Leistungen
Das Programm wird aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes sowie vom türkischen Ministerium für Jugend und Sport finanziell gefördert. Die Eigenbeteiligung beträgt für beide Programmteile für die deutschen Teilnehmer*innen 250 €. Dieser Beitrag beinhaltet folgende Leistungen:
- Hin- und Rückflug inkl. Zubringerflügen oder Bahnanreise
- Vorbereitungstreffen
- Programm und Transfers
- Unterkunft im Einzelzimmer mit Dusche/WC
- Vollverpflegung
Öffentliche Bedienstete Für öffentliche Bedienstete gelten besondere Regelungen. Hier müssen die Flug- und Fahrtkosten von den Teilnehmer*innen selbst oder von ihrem Arbeitgeber getragen werden. Dafür entfällt die oben genannte Eigenbeteiligung. Nähere Informationen können dem Anmeldeformular entnommen werden.
Anmeldung
Bitte nehmen Sie sich etwas Zeit für die Anmeldung. Ein ausführliches Ausfüllen des Formulars erhöht Ihre Chancen auf Teilnahme. Die Berücksichtigung Ihrer Anmeldung ist nicht vom Zeitpunkt des Eingangs abhängig. Erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist wird die Gruppe zusammengestellt. Entscheidend sind Ihre Motivation und Ihre Möglichkeiten und Ideen, die Erfahrungen aus dem Programm sinnvoll umzusetzen.
Anmeldeschluss ist der 08. Oktober 2023.
Mit Ihrer Anmeldung verpflichten Sie sich im Fall einer Teilnahme, nach der Veranstaltung einen ausführlichen Feedbackbogen auszufüllen und spätestens zwei Wochen nach Rückkehr an IJAB zurückzusenden.
Weitere Informationen
Weitere Informationen erhalten Sie bei Christiane Reinholz-Asolli (reinholz(at)ijab.de) oder Timo Knut Herdejost (herdejost(at)ijab.de).