Eine Gruppe von Menschen in traditioneller japanischer Kleidung steht mit ausgestreckten Armen auf einer Bühne. Eine Gruppe von Menschen in traditioneller japanischer Kleidung steht mit ausgestreckten Armen auf einer Bühne.
Abschluss des Japan-Studienprogramms in Köln: japanische Gymnastik zum Mitmachen
Japan

Partizipation ist ein Dreieck

Was erleben japanische Fachkräfte in Deutschland?

Seit über 50 Jahren lernen Fachkräfte der Jugendarbeit aus Deutschland und Japan voneinander. Sie erkennen das Vertraute im Fremden und erhalten Impulse für ihre Arbeit zu Hause. Nachdem im Frühjahr eine deutsche Delegation in Japan war, fand nun der Gegenbesuch statt. Am 8. November präsentierten die japanischen Kolleg*innen ihre Eindrücke in Köln. Wie nehmen japanische Fachkräfte die Jugendarbeit in Deutschland wahr?

26.11.2024 / Christian Herrmann

Zur Abschlusspräsentation der Ergebnisse des Deutsch-Japanischen Studienprogramms in Deutschland sind auch deutsche Teilnehmer*innen des Programms im Frühjahr 2024 in Japan gekommen. Sie sind neugierig, wie ihre japanischen Gegenüber ihre Reise in Deutschland erlebt haben und wie ihr Blick auf Medienbildung und Armutsbekämpfung in Deutschland ausfällt. Matthias Felling von der Aktion Jugendschutz NRW steht noch ganz unter dem Eindruck der Erlebnisse in Japan. Für zwei Wochen sei er in eine ganz andere, faszinierende Welt abgetaucht, sagt er. Und anstrengend sei es gewesen. Nicht nur die vielen Eindrücke eines fremden Landes, der Aufenthalt in einer Gastfamilie, die damit verbundene große Herzlichkeit, sondern auch das sehr dichte Besuchsprogramm haben eine nachhaltige Wirkung hinterlassen. „Und danach hat man ja keinen Urlaub“, sagt Felling, „sondern muss weitermachen“.

Von Erschöpfung ist jedoch bei den japanischen Kolleg*innen, die an diesem Nachmittag im großen Saal des Japanischen Kulturinstituts in Köln ihr Eindrücke präsentieren, keine Spur erkennbar. Zwei Wochen sind sie in zwei Gruppen quer durch die Republik unterwegs gewesen. Die von IJAB geführte Gruppe beschäftigte sich mit dem „medialen Umfeld junger Menschen“ - also mit Jugendmedienschutz und Medienkompetenz. Die Gruppe des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin informierte sich über „Armut in Kindheit und Jugend“. Heute sollen die Stränge zusammenlaufen.

Beide Gruppen haben ein anspruchsvolles Programm durchlaufen. Frühstück um 7, dann Besuche in Jugendeinrichtungen, Schulen und Ministerien. Unterschiede in den Systemen wurden dabei sichtbar, etwa wenn es um Jugendmedienschutz und die Bildung von Medienkompetenz geht. Auch was soziale Arbeit ist, wird in beiden Ländern unterschiedlich verstanden und entsprechend in unterschiedliche Berufsgruppen und Qualifikationen unterteilt. Aber auch Gemeinsamkeiten werden deutlich – wenn auch eher im Bereich der Defizite beider Länder, etwa dem Fachkräftemangel oder den komplizierten Antragsverfahren für Menschen in Not. Gut, dass neben den strukturellen Dingen vieles auch sinnlich und bisweilen lustig war. Ein 3D-Drucker für Pfannkuchenteig ist allen in Erinnerung geblieben und auch der praxisnahe Besuch beim Offenen Kanal Schleswig-Holstein war ein Erlebnis.

Partizipative Ansätze stoßen auf Interesse

Interessant ist die Schnittmenge der Beobachtungen der japanischen Gäste. Trotz unterschiedlicher Themen und unterschiedlicher Einrichtungen fielen ihnen immer wieder die partizipativen Ansätze in der Jugendarbeit ins Auge – etwa die Einbeziehung der Wünsche und Bedürfnisse junger Menschen bei der Medienbildung und ihre Achtung als Expert*innen in eigener Sache. Partizipation ist zwar in Japan nicht unbekannt, aber in vielen Fällen hat das Warnen vor Medien Vorrang vor ihrer kreativen Nutzung – so schilderten es jedenfalls die Fachkräfte in ihrer Präsentation. Die partizipativen Ansätze der Jugendarbeit in Deutschland sind etwas, das sie für ihre Arbeit in Japan mitnehmen und erproben möchten. Dazu gehören zum Beispiel Peer-Projekte, bei denen ältere Jugendliche mit jüngeren über Mediennutzung sprechen oder Projekte, in denen Medien für gesellschaftliche Teilhabe genutzt werden. „Das japanische Schriftzeichen für Partizipation ist ein Dreieck“, erklärte eine Teilnehmerin. Gemeint ist das Dreieck aus Ich, Du und Gesellschaft. Darüber lohnte es sich auch für die deutschen Teilnehmer*innen nachzudenken.

Weil ein Fachkräfteaustausch nicht nur aus der Erweiterung kognitiven Wissens bestehen kann, gab es am Schluss noch ein von den japanischen Gästen vorbereitetes kleines Kulturprogramm zum Mitmachen. Wer wollte konnte den Kreislauf mit japanischer Gymnastik in Schwung bringen oder sich mit einem traditionellen Tanz austoben. Zum Schluss wurde Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ gesungen – sehr zur Rührung vieler im Saal. Nicht nur von den fachlichen Ergebnissen des Programms zeigten sich die Gäste der Abschlusspräsentation beeindruckt. „Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele kulturelle Brücken es gibt“, stellte Uwe Finke-Timpe vom Bundesjugendministerium, das den Fachkräfteaustausch mit Japan fördert, fest.

Vier junge Frauen schauen in die Kamera.
Über die Zusammenarbeit mit Japan

Seit 50 Jahren führt IJAB Fachkräfteprogramme mit Japan durch - eine Zusammenarbeit mit großer Kontinuität. Erfahren Sie mehr über diese Kooperation und wie Sie daran teilhaben können.

Ansprechpersonen
Claudia Mierzowski
Referentin für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit
Tel.: 0228 9506-109
Timo Herdejost
Sachbearbeitung
Tel.: 0228 9506-130
Publikationen zu Japan
Hintergrundinformationen
Jugend und Medien in Japan
Dokumentation des Deutsch-Japanischen Studienprogramms vom 25. Mai - 08. Juni 2019 in Japan
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