

Internationale Jugendarbeit und Mobilität
Zentrale Einrichtungen und Organisationen
Zuständig für internationale Jugendarbeit sind die Stiftung für Jugend und Lebenslanges Lernen (INEDIVIM) und das Institut für Nationale Stipendien (IKY).
Die Stiftung für Jugend und Lebenslanges Lernen steht unter der Aufsicht des Ministeriums für Bildung, Forschung und Religiöse Angelegenheiten. Verantwortlich ist die Stiftung neben Programmen für Mobilität auch für die Ausstellung der Europäischen Jugendkarte und Griechenlands Beteiligung am Eurodesk-Netzwerk. Des Weiteren ist es die zuständige Stelle für die Durchführung von Projekten aus dem Bereich Jugend in Aktion des Programms Erasmus+ im Zeitraum 2014-20. Das Programm war in Griechenland für mehr als eineinhalb Jahre ausgesetzt und wurde Ende April 2016 wieder aktiviert. Das Institut für Nationale Stipendien (IKY) ist für die sonstigen Bildungsbereiche des Programms Erasmus+ zuständig, d.h. für Bildung, Berufsbildung und Sport.
Zusammenarbeit mit Deutschland
Deutsch-Griechisches Jugendwerk
Das wichtigste bilaterale Abkommen über Jugendangelegenheiten zwischen Griechenland und Deutschland betrifft die Gründung eines Deutsch-Griechischen Jugendwerks (DGJW).
Ursprünglich wurde im September 2014 im Schloss Bellevue im Beisein des damaligen griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias und des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck eine gemeinsame Absichtserklärung zur Errichtung des DGJW unterzeichnet.
Das DGJW soll nach dem Vorbild des Deutsch-Französischen und des Deutsch-Polnischen Jugendwerks aufgebaut werden und den Austausch und die Beziehungen junger Menschen beider Länder fördern, Vorurteile abbauen und gegenseitiges Verständnis stärken. Zusätzlich zur Förderung des Jugendaustauschs, des Freiwilligen- und Expert(inn)enaustauschs ist auch die Förderung von beruflichen Fertigkeiten vorgesehen.
Fachlich zuständig für das DGJW ist auf deutscher Seite das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), auf griechischer Seite hat das Ministerium für Bildung, Forschung und Religiöse Angelegenheiten.
Seit der gemeinsamen Absichtserklärung zur Errichtung des DGJW im Jahr 2014 konnten nur kleine Fortschritte verzeichnet werden. Trotz politischer Turbulenzen in Griechenland, ungeklärter Finanzierung und bestehender Vertrauensdefizite zwischen beiden Ländern, die für Hindernisse sorgten, konnte jedoch die Grundlagen für die endgültige Ausgestaltung des DGJW gemeinsam erarbeitet werden.
Laut offizieller Verlautbarung hat sich das griechische Ministerium verpflichtet: a) eine Dienstgruppe zu benennen, die Kontakt zum Verhandlungsteam des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufnehmen wird, b) ein Arbeitstreffen in Griechenland zu organisieren und c) am „Jugendforum 2016“ teilzunehmen, das mit Erasmus-Mitteln von der INEDIVIM und der deutschen Nationalen Agentur für Erasmus+ zum Thema der „Integration von Flüchtlingen in das Bildungssystem“ organisiert wurde.
Im November 2015 beschloss der Deutsche Bundestag einen Haushaltstitel für die Errichtung des DGJW und der vorbereitenden Arbeiten. Seit 2016 stehen im Haushalt des BMFSFJ erstmals Mittel für ein DGJW zur Verfügung. Vor der Errichtung des Jugendwerks kann dieses Geld zum Aufbau des Jugendaustauschs mit Griechenland verwendet werden.
Im August 2017 ist es zum Abkommen zwischen Deutschland und Griechenland gekommen, das die Basis für die Errichtung des DGJW darstellt.
Die Vereinbarung über die Gründung des DGJW wurde von Bundespräsident Steinmeier am 11. Oktober 2018 im Rahmen seines Staatsbesuchs in Athen geschlossen. Dort wurde das Abkommen zur Gründung des Deutsch-Griechischen Jugendwerks von der Bundesjugendministerin Franziska Giffey (SPD) und dem griechischen Generalsekretärs für Jugend, Pafsanias Papageorgiou, gezeichnet.
Am 4. Juli 2019 haben Deutschland und Griechenland die rechtliche Grundlage zur Gründung des Deutsch-Griechischen Jugendwerks geschaffen: Das entsprechende Abkommen unterzeichneten die beiden Staatssekretärinnen Juliane Seifert (BMFSFJ) und Antje Leendertse (Auswärtiges Amt) und der griechische Generalsekretär für Jugend, Pafsanias Papageorgiou, bei einem Treffen im Bundesfamilienministerium.
Die Wahl für den Standort des DGJW in Deutschland fiel auf die Stadt Leipzig, in Griechenland auf die Stadt Thessaloniki, was für Reaktionen im Netzwerk der griechischen Märtyrerstädte und Märtyrerdörfer gesorgt hat.
Das Büro in Leipzig wurde im Oktober 2020 eröffnet. Wann das Büro in Griechenland eröffnet, ist noch unklar.
Quellen und weitere Informationen: Deutsch-Griechisches Jugendwerk geplant, BMFSFJ (12.9.2014), Ein unschätzbar wichtiger Beitrag für die deutsch-griechische Freundschaft, BMFSFJ (26.07.2017), Agorayouth: Über das DGJW, Deutsch-Griechisches Jugendwerk nimmt in Leipzig die Arbeit auf, LVZ (12.10.2020)
Jugendaustausch und Erinnerungsarbeit
Eine besondere Stellung in der Jugendarbeit zwischen Deutschland und Griechenland haben die griechischen Opfergemeinden, welche großes Leid während der deutschen Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg erfahren haben. Die Aktivitäten in diesem Bereich verbinden Jugendaustausch, Erinnerungs-, Gedenk- und Versöhnungsarbeit und wurden in den letzten sieben Jahren stark intensiviert. Darunter fallen unterschiedliche Projekte, wie zwei Jugendaustausche zwischen dem Verein der Lechoviten „Prophet Ilias“ mit einer Gemeinde in Berlin in 2014 und einer Schule aus Hamburg in 2015.
Mehr dazu: Brigitte Spuller: Einmal Hortiatis und zurück…Besuch in einem Opferdorf. Agorayouth.com (3. April 2017)
Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen veranstaltet seit sechs Jahren gemeinsam mit den beiden griechischen Schulen des zweiten Bildungswegs eine Studienreise zu einer Märtyrergemeinde, der Munizipalität Ano Viannos auf Kreta. Das Ziel des Besuchs liegt darin, dass die Schüler/-innen von den Gräueltaten der Nazis im 2. Weltkrieg erfahren und gemeinnützige Arbeit in der Gemeinde leisten. Im Jahr 2015 hat die Initiative im Allgemeinen Lyzeum Viannos einen Partner gefunden, der im Dezember 2015 eine Delegation ins Rheinland entsandte. (Quelle: Ana Viannos - ein Ort des Schreckens: Griechische Jugendliche besuchen Kleve. Lokalkompass Kleve. 10.12.2015)
Aktion Sühnezeichen Friedensdienste hat im Jahr 2015 ein Projekt in der Märtyrergemeinde Kleisoura in Griechenland durchgeführt, während dessen 16 junge Menschen im Alter von bis zu 35 Jahren Kleisoura besucht haben, aber auch Kastoria und Thessaloniki. In diesen Städten gab es vormals sehr lebendige jüdische Gemeinden. All dies geschah in Begleitung gleichaltriger Griech(inn)en. Das Projekt wurde vom Auswärtigen Amt über den Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds gefördert. (Weitere Informationen auf der Webseite von Kathimerini)
Ein weiteres Jugendaustausch- und Versöhnungsprojekt fand zwischen der IGS Osterholz und zwei Partnerschulen der Gemeinde Ptolemaida bei den Märtyrergemeinden Pyrgoi und Messovouno statt. (Gedenken an Gräuel in Griechenland, 31.7.2019)
Ein erfolgreiches Projekt, zwischen dem Baskeballverein „Anagennisis Servion“ der griechischen Kleinstadt Servia, welche im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, und dem Kreuzberger Basketballverein „Tigers Berlin“ hat 2016 und 2017 stattgefunden. Dieses Projekt hat Sport und Teamgeist mit Erinnerungsarbeit verbunden und Jugendliche aus beiden Ländern zusammengebracht. Der Austausch soll in Zukunft in ähnlicher Form zwischen Servia und anderen Berliner Vereinen fortgesetzt werden. (Mehr dazu auf der Webseite von Agorayouth)
Das Forum Erinnerung & Bildung, das im Mai 2016 in der Opfergemeinde Lechovo stattgefunden hat, vom Deutsch-Griechischen Zukunfstfonds finanziert wurde und vom Verein der Lechoviten „Prophet Ilias“ mit der Unterstützung der Gemeinde Amintaio organisiert wurde, stellte Jugendbildung und Jugendaustausch in den Mittelpunkt. Viele Vertreter/-innen von Opfergemeinden sprachen sich beim Forum für eine Verstärkung des Jugendaustausches und der politischen Bildung für Jugendliche aus. (Vorschläge des Forums).
(Weitere Informationen zum Forum Erinnerung & Bildung in Lechovo auf der Webseite von Polisis.eu).
Im September 2013 hat die Deutsch-Griechische Industrie- und Handelskammer ein jugendbezogenes Projekt mit dem Titel „Duale Ausbildung in Griechenland“ gestartet, in dessen Rahmen Auszubildende die Berufe des Kochs / der Köchin, des Hotelfachmanns / der Hotelfachfrau und des Restaurantfachmanns / der Restaurantfachfrau nach dem deutschen Ausbildungsmodell lernen können.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung eröffnete im September 2012 ihr Auslandsbüro in Griechenland und begann eine Reihe von Workshops für deutsche und griechische Journalist(inn)en, die Austauschbesuche und gemeinsame Projekte umfassen. Das Ergebnis dieser seitdem jährlich abgehaltenen journalistischen Workshops ist die Webseite Dialoggers. Außer Journalist(inn)en bringt die Stiftung auch andere Berufsgruppen zusammen, wie z.B. Start-up-Unternehmer/-innen.
Im Jahr 2015 lief das Start-Programm der Robert Bosch Stiftung an, das junge Griech(inn)en mit Initiativen im Bereich des Kulturmanagements unterstützt. In der ersten Phase des Wettbewerbs wurden 30 Konzepte ausgewählt, deren Urheber/-innen an entsprechenden Workshops in Deutschland teilnahmen. Daraufhin wurden zwölf ausgewählt, die eine Förderung erhielten. Aufgrund des großen Erfolgs des Programms, wird es weitergeführt.
Im Bereich Forschung findet seit 2013 eine Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Forschung und Bildung mit dem griechischen Ministerium für Bildung, Forschung und Religiöse Angelegenheiten statt. 23 Projekte mit 10 Mio. Euro wurden insgesamt im Zeitraum 2013 bis 2015 gefördert. Das Programms wurde für weitere drei Jahre mit einer Aufstockung des Budgets verlängert. Gefördert werden Projekte aus Geistes- und Sozialwissenschaften, Materialforschung, Optische Technologien, Bioökonomie, Gesundheitsforschung und Energieforschung.
(Weitere Informationen auf der Webseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung)
Zusammenarbeit mit anderen Ländern
Auf staatlicher Ebene gibt es keine offiziellen bilateralen Abkommen zu Kooperationen im Jugendbereich. Jugend- und Fachkräfteaustausch findt in erster Linie zwischen EU-Ländern im Rahmen von EU-Programmen oder privaten Initiativen statt.
Eine Vereinbarung zwischen Griechenland und Australien biete die Möglichkeit der Ausstellung eines Working Holiday Visums für junge Erwachsene im Alter von 18 bis 30 Jahren, die so für bis zu einem Jahr zum Urlaub und zum Arbeiten nach Australien reisen können. Auf Vorschlag der griechischen Gemeinden in Melbourne und Victoria wurde das Abkommen 2014 unterzeichnet.
Griechenland ist Mitglied des Europäischen Jugendforums, nimmt an Youth in Action teil, und beteiligt sich am am European Knowledge Centre for Youth Policy (EKCYP).
Mobilität
Die Schulferien dauern in Griechenland von Mitte Juni bis Mitte September. Um die kirchlichen Weihnachts- und Osterfeiertage haben Schulen und Hochschulen zwei Wochen Ferien.
Die Sommerferien verbringen die meisten Schüler/-innen in Zeltlagern, im Wochenendhaus der Familie oder, falls sie es sich leisten können, mit ihrer Familie auf einer Insel oder an der Küste. Sommerlager sind generell sehr beliebt, da auch die Eltern für ca. 20 Tage entlastet werden und Kinder und Jugendliche unter sich diese Zeit verbringen. In Griechenland gibt es eine große Variation von Zelt- und Sommerlagern für Kinder und Jugendliche. Manche werden von der Kirche betrieben und sind meistens kostenlos. Andere werden von halböffentlichen Betreibern unterhalten und wenden sich an bestimmte Berufsgruppen. Viele sind von privaten Anbietern oder von Vereinen organisiert. Sommer- und Zeltlager findet man sowohl in der Nähe von Stränden als auch in idyllischen Bergregionen.
Die Bewohner/-innen Thessalonikis fahren gerne nach Chalkidiki und Thasos, während die Athener/-innen die großen Inseln, die für einen Familienurlaub geeignet sind (wie Naxos, Samos, Chios, Kreta, Lefkada oder Zakynthos) oder die Strände des Peloponnes vorziehen. Der hohe Preis der Fährverbindungen, der für eine vierköpfige Familie mit PKW 700 Euro erreichen kann (in etwa die Höhe eines Monatslohns), schreckt jedoch in den letzten Jahren viele Menschen davon ab. Daher stehen die Heimatorte der Eltern und die Wochenendhäuser von Freunden hoch im Kurs.
Im Rahmen der Schulausbildung ist eine 5-tägige Klassenfahrt im letzten Jahrgang der Sekundarstufe II vorgesehen, wobei sich informell auch ein 2-tägiger Ausflug im letzten Jahrgang der Sekundarstufe I durchgesetzt hat. Ob diese auch tatsächlich stattfinden, hängt allerdings von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern ab, ebenso wie von der Bereitschaft der Lehrer/-innen, die Verantwortung zu übernehmen. Um diese so begehrte 5-tägige Klassenfahrt zu ermöglichen, sammeln Schüler/-innen oft mit Spendenaktionen Geld. Zu den beliebtesten Zielen zählen bis heute Kreta, Rhodos und Korfu, während sich vor der Krise viele Lyzeen auch für Auslandsziele entschieden (wie Prag, Budapest, Rom, Berlin oder Paris).
Im Rahmen des Lehrplans bestehen jedoch unter der Schirmherrschaft des griechischen Ministeriums für Bildung auch zahlreiche Möglichkeiten für Studienreisen ins Ausland. Beispiele hierfür waren ein Besuch bei den CERN-Anlagen in Genf oder ein Besuch mit Führung im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Polen im Rahmen eines Bildungsprogramms über die Shoa.
In den letzten Jahren schließen immer mehr Schulen Partnerschaften mit ausländischen Schulen, was dazu führt, dass entsprechende Reisen zum Kennenlernen veranstaltet werden. Meistens geht dem eine Schulpartnerschaft nach den Regeln der EU gemäß den Programmen Erasmus+ und Comenius voraus.
(Ein Beispiel von Auslandsreisen einer öffentlichen Schule)
In den letzten Jahren wird die Plattform E-Twinning zur Suche von Partnerschulen unter jüngeren Lehrer(inne)n immer beliebter. Die Privatschulen, die meistens eine Fremdsprache als Hauptlehrsprache verwenden und enge Beziehungen zu einem anderen Land pflegen (England, USA, Deutschland, Frankreich, Italien) haben eine lange Tradition, was Studienreisen ins Ausland und Schüleraustausch in allen Altersgruppen betrifft.
In Griechenland ist – wie in jedem EU-Mitgliedstaat – die Europäische Jugendkarte für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 13 bis 30 Jahren erhältlich. Sie kostet 10 Euro und gilt für ein Jahr.
Für Studierende, die gerne verreisen, gibt es weiterhin die Möglichkeit, an einem Studentenaustausch im Rahmen des Erasmus/Socrates-Programms teilzunehmen.
Die internationale Studentenorganisation AIESEC ist in Griechenland seit 1958 mit acht lokalen Büros vertreten. Diese Organisation vermittelt Studentenjobs bei Unternehmen oder ihren eigenen Büros im Ausland.
Eine Filiale in Athen unterhält auch die Studentenorganisation AEGEE, die sich im Kulturaustausch für junge Menschen engagiert.