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Deutsche verlieren Vertrauen in US-Demokratie

Nach den US-Wahlen

Die Wahlen in den USA haben die Sicht der Deutschen auf die US-Demokratie beeinflusst: Bei 53% der Befragten ist das Vertrauen in die US-amerikanische Demokratie geschwächt, lediglich 34% sind in ihrem Vertrauen gestärkt.

30.11.2020 / Susanne Klinzing
Sterne auf US-amerikanischer Flagge Sterne auf US-amerikanischer Flagge

Eine knappe Mehrheit der Deutschen (51%) befürwortet derzeit zudem eine größere Unabhängigkeit Deutschlands und Europas von den USA. Das zeigt die repräsentative Umfrage »Einmischen oder zurückhalten?« der Körber-Stiftung, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Public.

Nach dem Wahlsieg von Präsidentschaftskandidat Joe Biden gehen 78% der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger von einer Normalisierung der transatlantischen Beziehungen aus. Diese hatten unmittelbar vor den US-Wahlen einen neuen Tiefpunkt erreicht: 79% der Befragten bewerteten die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland im September 2020 noch als »sehr schlecht« oder »eher schlecht«. 74% der US-Bürgerinnen und Bürger empfanden die deutsch-amerikanischen Beziehungen laut einer parallel vom Pew Research Center durchgeführten Studie hingegen als »sehr gut« oder »eher gut«. Unter den jüngeren Deutschen (18 bis 34 Jahre) bewerten 29% die deutsch-amerikanischen Beziehungen als gut, in der Altergruppe ab 50 Jahre liegt dieser Anteiil bei 14%.

»Die letzten vier Jahre waren eine enorme Belastungsprobe für das transatlantische Verhältnis. Dass die Deutschen mehrheitlich eine Normalisierung unter Joe Biden erwarten, zeigt jedoch: der entstandene Schaden ist nicht irreparabel«, kommentiert Nora Müller, Leiterin des Bereichs Internationale Politik der Körber-Stiftung, die Umfrageergebnisse.

Hoffnungsträger Joe Biden

Vor den US-Wahlen stand es schlecht um die transatlantischen Beziehungen: Die USA unter Präsident Donald Trump wurden mit 25% der Nennungen als drittgrößte Herausforderung für die deutsche Außenpolitik gesehen. Lediglich 10% der Befragten sahen die Vereinigten Staaten vor den Wahlen als wichtigsten Partner Deutschlands. Zudem waren die USA für eine Mehrheit der Deutschen »kein Partner« bei den Themen Klimaschutz (84%), Förderung des Freihandels (58%), Schutz von Menschenrechten und Demokratie (57%) und Umgang mit China (63%).

Der Wahlsieg Joe Bidens beeinflusst nun merklich die Bewertung der transatlantischen Partnerschaft. Im November gewinnen die USA bei der Frage nach Deutschlands wichtigstem außenpolitischen Partner 13 Prozentpunkte hinzu: 23% sehen die USA nach den Wahlen als wichtigsten Partner Deutschlands. Wie in den Vorjahren rangiert Frankreich mit 43% der Stimmen auf Platz eins der wichtigsten außenpolitischen Partner. Vor den US-Wahlen im September lag dieser Wert noch bei 54%.

Die Britinnen und Briten bewerten ihr Verhältnis zu den USA übrigens weitaus positiver als die Deutschen: 52% nennen die USA als wichtigsten außenpolitischen Partner. Deutschland steht hier mit 15% an zweiter Stelle. Dies ergab eine parallel von der Britischen Botschaft Berlin durchgeführte Studie. Deutschland wird von den Britinnen und Briten jedoch in einzelnen Themenbereichen stärker als die USA als Partner wahrgenommen: Klimaschutz (64% zu 22% gegenüber den USA), Menschenrechte und Demokratie (61% zu 41%) sowie europäische Sicherheit (62% zu 29%).

Deutsche vertrauen der Demokratie

Die internationalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts lassen die Deutschen nicht an der Demokratie zweifeln. 85% der Befragten sind vielmehr der Meinung, dass demokratische Staaten Krisen wie Pandemien oder den Klimawandel besser meistern als nicht-demokratische Staaten. Dabei empfinden die Deutschen ihr eigenes Land (7,9 von 10 Punkten) im Vergleich zu Frankreich (7,5), Großbritannien (6,4), den USA (5,0) oder Polen (4,9) am demokratischsten. Eine knappe Mehrheit (51%) spricht sich dafür aus, dass Deutschland nicht-demokratischen Ländern verbieten sollte, in deutsche Infrastruktur-Projekte zu investieren, 42% sind gegen ein solches Verbot.

Umfrageergebnisse abrufen

Seit 2014 fragt die Körber-Stiftung die Deutschen regelmäßig nach ihren Einstellungen zu deutscher Außenpolitik. Die Befragung 2020 wurde vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Public durchgeführt. Die Umfrageergebnisse (PDF: 2,4 MB) wurden zusammen mit The Berlin Pulse, der außenpolitischen Publikation der Körber-Stiftung, am 24. November 2020 beim Berliner Forum Außenpolitik vorgestellt.

Ergebnisse der Befragung nach der Wahl in den USA (PDF: 449 KB)

Quellen: Körber-Stiftung, Pew Research Center